1873 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Haesters, Albert
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 17
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule, Simultanschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten, Simultanschule
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Konfession (WdK): Konfessionell gemischt
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O nein! Man verfolgt und quält mich entsetzlich. Hunde und
Jäger und Bauern sind säst immer hinter mir her, und jagen und ver-
folgen mich oft ganze Tage lang in einem fort. Man legt mir Schlingen
und Fallen und schießt und prügelt mich zu Tode. So lange ich aber
noch Kräfte und Athem habe zu laufen, lasse ich mich nicht so leicht
gefangen nehmen. Überfällt man mich in meinem Baue, so grabe ich
mir geschwind einen andern Ausgang, und fliehe mit Weib und Kind
davon, und betrüge den Jäger, der nun vergebens auf meinen Pelz
lauert. Ist auch gleich meine ganze Höhle .mit Fallen umgeben und
mir zur Flucht fast gar keine Hoffnung mehr übrig, so leide ich doch
lieber den grausamsten Hunger, ehe ich mich in den ersten 14 Tagen
zum Gefangenen ergebe, und versuche alles Mögliche, noch zu entkommen.
Hilst aber alles nichts , je nun, so ist es endlich einerlei, ob ich in
einer Höhle verhungere, oder in der Falle eines gewaltsamen Todes
sterbe. Ich klaffe und seufze eher nicht, als wenn man mich leben-
dig ergreift und zu Tode prügelt. Und auch das hält schwer, denn ich
habe ein sehr zähes Leben; oft scheine ich todt, wenn ich nur auf
einen günstigen Augenblick warte, meine Feinde zu beißen und zu entfliehen.
Ich lebe ungefähr zwanzig Jahre und lasse mich nicht leicht zähmen.
Schlägt man mich des Winters todt, so giebt mein Balg treffliche
Pelzkleider, und auch mein Schwanz thut dann allerhand Dienste.
Ermordet man mich aber des Sommers, so kann nur der Hutmacher meine
Haare gebrauchen. In vielen Gegenden ißt man auch mein Fleisch.
Du hast ganz recht, schlauer Fuchs, dein Sommer La lg ist weit
schlechter, als dein Winterbalg. Ei, weißt du auch wohl, was der
Winterbalg eines deiner schönsten schwarzen Kameraden in Norwegen,
Lappland oder Sibirien kostet?
Nein. Wie viel denn?
Dreißig bis vierzig und einige Leute sagen sogar sechshundert bis
tausend Thaler. Ei, das wäre sehr viel! —
10. Der Spielmann in -er Wolfsgrube.
Vor nicht so gar langer Zeit gab es auch noch in unseren deutschen
Wäldern viele Wölfe, und mancher Bauer weiß noch die Geschichte
von jenem Geiger in der Wolfsgrube so gut, als wäre sie gestern
geschehen, obgleich sie ihm schon sein Großvater erzählt hat. Es ging
nämlich einmal ein Geigers mann von einer Kirchweih nach Hause,
auf welcher er den Leuten bis tief in die Nacht aufgegeigt hatte.
Das Männlein ging ohnehin nicht gern auf dem geraden Wege und
kam daher auch in dem dicken Forste, durch den es mußte, bald so
weit zur Seiten ab, daß es am Ende in eine Grube flel, welche der
Jäger zum Wolfsfange gegraben hatte. Der Schreck war schon groß
genug für den Geiger, da er so ohne weiteres von der ebenen Erde
in die Tiefe fuhr, wurde aber noch größer, da er unten auf etwas
Lebendiges auffiel, was wild aufsprang, und da er merkte, daß es ein
Wolf sei, der ihn mit glühenden Äugen ansah. Der Mann hatte