1873 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Haesters, Albert
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 17
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule, Simultanschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten, Simultanschule
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Konfession (WdK): Konfessionell gemischt
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Zwingburgen gebrochen. — Also hat durch des stolzen Kaisers
Albrecht von Österreich knechtende Herrschaft das deutsche Reich
die Schweiz verloren.
Nach. Albrecht toü Österreich kam der Graf Heinrich von
Luxemburg oder Lützelburg als Heinrich Vii. auf den deutschen
Kaiserthron (1308 — 1313). Durch die Vermählung seines Sohnes mit
Elisabeth, der Enkelin Ottokars, des Königs von Böhmen, gewann
er die böhmische Krone, welche in der Folge zu der deutschen Kaiserkrone
kam. — Nach seinem Tode geschah es, dass die Kurfürsten bei der neuen
Kaiserwahl sich entzweiten, und die eine Partei Friedrich von Österreich,
einen Sohn des ermordeten Königs Albrecht, die andere dagegen Ludwig von
Baiern zum Kaiser wählten. Daraus entstand ein achtjähriger, blutiger
Krieg, bis sich endlich die beiden Kaiser versöhnten und die Regierung des
Reichs gemeinschaftlich besorgten (1313—1347).
22. Deutsche Treue.
Tl^r Kaiser Ludwig der Bayer hatte seinen Gegner Friedrich
den Schönen von Österreich in einer großen Schlacht gefangen ge-
nommen und erst auf das Schloß Dornberg, spater in die feste Burg
Trausnitz bei der Stadt Amberg in Baiern gesetzt. Dort war der
unglückliche Friedrich von aller Welt abgeschnitten; er hörte nichts von
seinem treuen Weibe, das sich um ihn blindgeweint hatte, nichts von
seinem Bruder, der ihn so gern gerettet hätte. Er konnte sich nirgends
bewegen, als in dem engen, düstern Schloßhofe, statt daß er sonst
jeden Morgen auf seinem Roß in den Wald gesprengt war und Hirsche
und Rehe erlegt hatte. Aber auch dem Kaiser Ludwig war es nicht
gut gegangen; er hatte viele Unruhe und Gefahr im Kriege ausge-
standen, war längst vom Papste aller Rechte auf das deutsche Reich
für verlustig erklärt, und es waren noch immer viele Leute, welche
den gefangenen Friedrich lieber zum Kaiser gehabt hätten, als ihn.
Da erinnerte sich Ludwig, daß Friedrich sein Jugendfreund und immer
so treu und ehrlich gewesen war. Eines Abends setzte er sich auf sein
Roß und ritt nach dem Schlosse Trausnitz, wo Friedrich gefangen saß.
„Alter Freund," sagte er, „willst du frei werden?" — „Frei? so
daß ich meine Gemahlin und meinen Bruder wiedersehen könnte?" ant-
wortete Friedrich, „o dafür thäte ich Alles!" Run eröffnete ihm Lud-
wig die Bedingungen, unter welchen er ihn frei lassen wolle. „Wenn
du mir versprichst und am Altare schwörst, daß du dich wieder in die
Gefangenschaft stellen willst, wenn du das Versprechen nicht halten
kannst, dann bist du frei!" Friedrich versprach es, und beide empfingen
am Altare das heilige Abendmahl zum Zeugniß ihres Bundes. So
ritten sie freundlich zusammen bis an die Grenze.
Als aber Friedrich nach Wien kam , fand er Vieles anders, als
er wünschte. Sein liebes Weib war blind; sein Bruder Leopold war