1873 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Haesters, Albert
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 17
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule, Simultanschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten, Simultanschule
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Konfession (WdK): Konfessionell gemischt
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Die deutsche Kaiserwürde, die einst die erste in der Christenheit
gewesen, stand jetzt machtlos da, und Deutschland war durch seine
Zwietracht den Ausländern gegenüber so herabgewürdigt und geschwächt,
daß Franzosen von da an ungestraft mehrere Gewaltthaten auf deutschem
Boden verübten — daß sogar die Türken bis vor Wien in Deutsch-
land eindrangen, und die Residenz des deutschen Kaisers vom 14. Juli
bis zum 12. September 1683 belagerten und namenlosen Jammer
über so viele Familien brachten. Denn Tausende von Männern, Frauen,
Knaben und Mädchen fielen entweder unter den Säbeln dieser bar-
barischen Feinde, oder sie wurden als Sklaven fortgeführt.
Mochten die Religionsstreitigkeiten der Deutschen nie mehr mit leib-
lichen, sondern nur mit geistigen Waffen der Wahrheit aus-
gekämpft werden, eingedenk der Worte des Herrn: „Ein neues Gebot
gebe ich euch, daß ihr euch unter einander liebet, wie ich euch
geliebet habe, daß auch ihr euch einander liebet. Daran
werden alle erkennen, daß ihr meine Jünger seid, wenn
ihr euch lieb habet unter einander." (Joh. 13, 34. 35.)
Kaiser Karl V. erlebte die Schrecknisse des 30jährigen Krieges
nicht, er hatte schon nach dem s ch malk al dis ch en Kriege (1556) seine
Krone freiwillig niedergelegt und war — am Abend seines Lebens — in ein
Kloster gegangen, wo er, fern -vom Getümmel der Welt, das Ende seiner
Tage beschloss (1558). — Während des 30jährigen Krieges waren auf
dem deutschen Kaiserthron: Matthias (heim Beginn 1618) — Ferdinand Ii.
(von 1619—1637), und Ferdinand Iii. (von 1637—1657); aber die Belage-
rung Wiens durch die Türken (1683) erfolgte unter Leopold I., welcher
von 1657 —1705 deutscher Kaiser war. Nachdem er beim Andrängen der
Türken die Vertheidigung der Stadt dem edeln Grafen von Stahremberg
übertragen und die Bürgerschaft zur Tapferkeit ermuntert hatte, verliess er
Wien und floh nach Linz. — In dem spätern Türkenkriege, der bis 1699
dauerte, zeichnete sich besonders aus der in Liedern vielfach gefeierte Prinz
Eugen von Savoyen*).
28. Die Befreiung Wiens.
(Am 12. Sept. 1683.)
Ein Falke späht vom Felsennest
So weit, so weit ins Land;
Er späht nach Ost, er späht nach West,
Hinab, hinaus den Strand.
Der Falke ist Gras Stahremberg,
Hoch aus dem Stephansthurm;
Doch Türken nur und Türken nur
Sieht nahen er zum Sturm.
Da ruft er zorn- und kummervoll:
Die Noth, die klag" ich Gott,
Daß man mich so verkästen hat
Dem argen Türk zum Spott!
Nun Pflanz' ich aus dem Stepbansthurm
Die heil'ge Kreuzessahn',
Ihr Sinken klag' den Christen all,
Daß wir dem Falle nah'n.
Und stürzt die Fahn'vom Stephansthurm,
Dann stehe Gott uns bei,
Dann decke sie als Leichentuch
Den Stahremberger frei!
Der Sultan ries dem Stahremberg:
Bei Allah! hör' mein Wort,
Ich werf die Fahn' vom Stephansthurm
Und Pflanz' den Halbmond dort!
'.Ì S. am Schiaß dieses Abschnittes das Lied 6: Prinz Fugen