1873 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Haesters, Albert
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 17
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule, Simultanschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten, Simultanschule
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Konfession (WdK): Konfessionell gemischt
348
ihrem Ausflüsse kleinen Meeren; der Orinoko in Südamerika ist 320
Meilen lang; aber bedeutender, als alle, ist der 720 Meilen lange
Amazonenstrom, der größte und wasserreichste Strom der ganzen Erde.
Nach der großen Ausdehnung Amerikas von Norden nach Süden,
wodurch es allen Erdstrichen angehört, ist auch das Klima sehr ver-
schieden, von der strengsten Kälte bis zur äußersten Hitze.
Bei dieser Verschiedenheit des Klimas besitzt Amerika fast alle
Produkte der übrigen Erdtheile, aber auch viele, die ihm ganz
eigenthümlich sind. Im Allgemeinen ist der Pflanzenwuchs Ame-
rikas gewaltiger als in den übrigen Erdtheilen; mit dem Grase in den
Prairien kann sich kein anderes an Höhe messen — mit den Riesen-
wäldern in Amerika, welche durch die unermeßliche Fülle alles über-
wuchernder Schlingpflanzen oft ein undurchdringliches Dickicht bilden,
lassen sich keine andere vergleichen. Dagegen fehlen dem Erdtheile die
gewaltigen Landthiere der alten Welt, wie der Elephant, das Ka-
meel, das Nilpferd; auch die amerikanischen Naubthiere sind nicht
so wild und furchtbar für den Menschen als die Löwen, Tiger und
Hyänen Asiens und Afrikas. In der Mannigfaltigkeit und Schönheit
der Vögel wetteifert die neue Welt, namentlich Brasilien, mit dem
südlichen Asien; an Amphibien ist sie reich, aber diese, wie die
Schildkröten und Schlangen sind minder groß, wogegen wieder
die Insekten, namentlich die Schmetterlinge, jene der alten Welt
an Größe und auch an Farbenpracht übertreffen.
Was die Mineralien anlangt, so ist kein Erdtheil so reich an
Gold und Silber und anderen Metallen, auch an Diamanten
und anderen Edelsteinen, als Amerika. Die unterirdischen Schätze
an Gold, Silber und Edelsteinen in Peru und Chili sind
unermeßlich, und die Goldschätze Kaliforniens sind sprichwörtlich
geworden.
Zu den Amerika eigenthümlichen Pflanzen gehören u. a. die Kar-
toffeln, die von dort aus vor etwa 200 Jahren durch den Engländer-
Franz Drake zu uns gebracht worden sind und leider nun bei uns
auszuarten und zu verderben beginnen — die Agaven (Aloen) und
Kaktusarten Mexikos, die gleich den Aloen Afrikas aus Felsen-
boden gedeihen, und von denen die ersteren einen 5™ langen Sten-
gel treiben, die letzteren aber durch die Farbenpracht ihrer Blüthen sich
auszeichnen, — die baumartigen Farrenkräuter, die eine Höhe von
10—20m erreichen, — Cacaobäume, deren Früchte zur Choko-
lade verwendet werden, — der Tabak, der jetzt zwar auch in Asten
und Europa gezogen wird, ursprünglich aber eine amerikanische Pflanze
ist und zuerst von den Spaniern auf der Insel Tabago angetroffen
wurde, woher er auch seinen Namen erhalten hat — Gummibäume,
aus deren zähem Safte das elastische Gummi bereitet wird, rc.
Amerika eigenthümlich sind unter den Säugethieren im Norden
die Seehunde — der amerikanische Bär — der durch seinen
Bautrieb merkwürdige Biber — der amerikanische Löwe (Puma),