Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Lehr- und Lesebuch oder die Vaterlands- und Weltkunde - S. 355

1873 - Essen : Bädeker
355 nur wenig Landthiere sind, so ist die See ihr Element, und hier ist der Seehund das wichtigste Thier, dem sie fast einzig und allein Nahrung, Kleidung, Wohnung und die nöthigsten Werkzeuge verdanken. Die Grönländer sind gutmüthig und offenherzig und Haffen grobe Ausschweifungen. Trunkenheit und Schlägerei sind bei ihnen ungekannte Laster. Ms sie die Wirkungen des Branntweins an den Europäern gewahr wurden, so nannten sie ihn „das Tollwasser". — Ihre Streitigkeiten schlichten sie aus eine besondere Art. Der Gegner wird nämlich zu einem Wettkampf vor einer Versammlung herausgefordert, den sie Sing streit nennen. Der Kläger singt in einem selbstverfer- tigten Liede seine Klage ab, wobei er seinen Gegner auf jede Weise lächerlich zu machen sucht; dieser antwortet aus dieselbe Art, und der- jenige gewinnt, welcher das letzte Wort behält und die meisten Lacher aus seiner Seite hat. — Weil die Grönländer so gutmüthig sind, so erstaunen sie, wenn sie einen Europäer hart mit seinen Untergebenen umgehen sehen, und weil sie überhaupt die Europäer nicht von der besten Seite kennen gelernt haben, so sagen sie mit besonderm Stolz: „Ich bin ein Grönländer!" — Und wollen sie einen Fremden recht loben, so sagen sie: „Er ist beinahe so gesittet, wie wir." — Diese hohe Meinung, die sie von sich und auch von ihrem Lande haben, trägt wesentlich zu ihrem Glücke bei; denn wie sehr unglücklich müßten sie sich fühlen in ihrem rauhen Lande, bei dem Mangel so vieler Bequemlichkeiten, bei ihrer ärmlichen Kost, wenn sie ihre ganze Lebens- weise nicht für so angenehm hielten, daß sie nicht Lust haben, sie mit einer andern, nach unserer Meinung viel bequemern zu vertauschen. Man brachte einmal ein paar Grönländer nach Kopenhagen und ließ es ihnen an nichts fehlen; dennoch sehnten sie sich nach ihrem Vaterlande zurück, indem sie äußerten, in Europa sei keine recht schickliche Kälte, auch gäbe es ja keine Seehunde daselbst. 43. Der Wilde. Ein Kanadier, der noch Suropen's Übertünchte Höflichkeit nicht kannte Und ein Herz, wie Gott es ihm gegeben, Von Kultur noch frei, im Busen fühlte, Brachte, was er mit des Bogens Sehne Fern in Quebecks übcreis'ten Wäldern Auf der Jagd erbeutet, zum Verkaufe. Als er ohne schlaue Rednerkünste, So wie man ihm bot, die Felsenvögel Um ein Kleines hingegeben hatte, Eilt' er froh mit dem geringen Lohne Heim zu seinen tief versteckten Horden, In die Arme seiner braunen Gattin. Aber ferne noch von seiner Hütte Überfiel ihn unter freiem Himmel Schnell der schrecklichste der Donnerstürme. Aus dem langen, rabenschwarzen Haare Troff der Guß herab auf seinen Gürtel, Und das grobe Haartuch seines Kleides Klebte rund an seinem hagern Leibe. Schaurig zitternd, unter kaltem Regen, Eilete der gute wackre Wilde In ein Haus, das er von fern erblickte. „Herr, ach laßt mich, bis der Sturm sich lege," Bai er mit der herzlichsten Geberde Den gesittet feinen Eigenthümer, „Obdach hier in eurem Hause finden I" — „Willst du, mißgestaltet's Üngeheuer," Schrie ergrimmt der Pflanzer ihm ent- gegen, „Willst du, Diebsgesicht, mir aus dem Hause!" Und ergriff den schweren Stock im Winkel. Traurig schritt der ehrliche Hurone Fort von dieser unwirthbaren Schwelle,
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer