1917 -
Breslau
: Hirt
- Autor: Hirt, Ferdinand
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Regionen (OPAC): Provinz Brandenburg
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
22
Geschichte.
I
seinem Wunsche im Dome zu Magdeburg beigesetzt. Vor seinem Tode hatte
er es noch durchgesetzt, daß sein Sohn als Otto Ii. in Worms zu seinem Nach-
folger gewählt und in Rom zum römischen Kaiser gekrönt wurde.
6. Innere Zustände im Reich unter den letzten sächsischen Kaisern. Das An-
seben des Kaisers sank unter den Nachfolgern Ottos aus dem Hause der Sachsen mehr
und mehr. Sie mußten oft und lange in Italien weilen, um dort Ausstände zu unter-
drücken und ihre Macht über den Papst aufrecht zu erhalten. Auch die Kämpfe gegen
andre Feinde des Reiches, besonders gegen die Franzosen, die Lothringen wieder an
sich reißen wollten, nahmen ihre Zeit und Kraft stark in Anspruch, so daß sie sich um
die deutschen Lande wenig kümmern konnten. Deshalb vermochten sie es nicht zu
verhindern, daß die Herzoge ihre Macht erweiterten, ihre Würde erblich machten und
mächtiger wurden als die Kaiser selbst. Die Großen des Reiches entzogen sich oft dem
kaiserlichen Gericht, fochten ihre Fehden mit dem Schwerte in der Hand untereinander
aus und brandschatzten dabei die Dörfer ihrer Feinde; denn Gewalt ging vor Recht.
Mißernten, Hungersnot, ansteckende Krankheiten, wirtschaftliches Elend und bedenk-
liche Entvölkerung des Landes waren traurige Begleiterscheinungen dieser Zustände.
X. Heinrich Iv. (1056—1106).
1. Fugend und Regierungsantritt. Als das Geschlecht der sächsischen Kaiser
ausgestorben war, ging die Kaiserwürde auf einen fränkischen Herzog über.
Der dritte Kaiser aus dem Hause der Franken war Heinrich Iv. Er kam schon
im Alter von 6 Jahren auf den Thron; deshalb führte anfangs seine Mutter
für ihn die Regierung. Bald geriet der junge König jedoch in die Gewalt des
Erzbischofs Hanno von Cöln, der ihn sehr streng erzog. Nach einiger Zeit setzten
es aber die deutschen Fürsten durch, daß Heinrich dem Bischof Adalbert von
Bremen zur Erziehung übergeben wurde. Dieser ließ dem jungen Könige viel
Freiheit, so daß er eigensinnig und trotzig wurde. Außerdem flößte ihm Adalbert
Haß gegen die Sachsen ein, mit denen er selbst in Unfrieden lebte. Im Alter
von 16 Jahren wurde Heinrich für wehrhaft erklärt und trat selbst die Regierung
an. Adalbert von Bremen aber blieb sein erster Ratgeber.
2. Kamps mit den Sachsen. Weil Heinrich den Sachsen nicht traute, ließ
er in ihrem Lande feste Burgen bauen und belegte sie mit fränkischer Besatzung.
Diese drückte das Volk durch Übermut und Gewalttätigkeit. Auch Heinrich
selbst hielt sich meistens im auf und wohnte entweder in Goslar
oder in der neuerbauten Harzburg. Hierdurch legte er den Sachsen große Lasten
auf; denn sie mußten zur Unterhaltung des Hofes viel Getreide und Vieh
liefern. Dies alles machte die Sachsen sehr unzufrieden. Die Edlen des Landes
schlossen heimlich einen Bund, zerstörten viele Burgen und belagerten mit einem
starken Heere die Harzburg. Mit Hilfe eines treuen Dieners gelang es Heinrich,
aus der Burg unbemerkt zu entfliehen. Als er in die Nähe der Stadt Worms
kam, zogen ihm die Bürger entgegen und nahmen ihn in ihren Schutz. Auch
andre Städte boten ihm ihre Hilfe an. So erwiesen sich zum ersten-
mal die aufblühenden Städte als eine Stütze des Thrones. Von
Worms aus gelang es Heinrich, die deutschen Fürsten zunr Kriegszuge gegen