1917 -
Breslau
: Hirt
- Autor: Hirt, Ferdinand
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Regionen (OPAC): Provinz Brandenburg
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
Der Weltkrieg 1914/17.
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Dienste zu weihen. Auch die deutschen Frauen wollten den Krieg gewinnen Hestert.
Viele Tausende stellten sich in den Dienst des Roten Kreuzes, des Vaterländischen
Frauenvereins oder anderer Vereinigungen, die das Wohl der Krieger und ihrer
Angehörigen zu fördern suchen. Eine Fülle von Liebesgaben bewies, daß das Volk
zu jedem Opfer bereit war. Klassenunterschiede in Stand und Beruf hatten aufgehört;
die Deutschen zeigten sich als ein einig Volk von Brüdern. Mit erhebender Einmütigkeit
bewilligte der Deutsche Reichstag am 4. August 5 Milliarden Mark für Kriegszwecke,
und der Kaiser erklärte in dieser Sitzung: „Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne
nur Deutsche!" Am 5. August erneuerte er den Orden des Eisernen Kreuzes, und
am folgenden Tage erließ er den „Aufruf an Heer und Marine", in dem es heißt:
„Unsere heiligsten Güter, das Vaterland, den eigenen Herd, gilt es gegen ruchlosen
Überfall zu schützen. Gedenkt unserer großen, ruhmreichen Vergangenheit! Gedenkt,
daß Ihr Deutsche seid! Gott helfe uns!"
Iii. Der Krieg in Ostpreußen, a) Einfall der Russen. Beim Ausbruch des
Krieges sah sich die deutsche Heeresleitung genötigt, den größten Teil ihrer Streitkräfte
nach dem westlichen Kriegsschauplätze zu senden, um zu verhüten, daß die Franzosen,
Engländer und Belgier ihren geplanten Einsall in die Rheinprovinz ausführten. Die
Verteidigung von Ost- und Westpreußen wurde zunächst allein den einheimischen
Truppen übertragen, die zusammen die achte Armee bildeten. Die Russen stellten
den Deutschen zwe: Armeen gegenüber: die Wilnaarmee gegen die Ostgrenze und
die Narewarmee gegen die Südgrenze von Ostpreußen. Beide Armeen zusammen
waren den deutschen Streitkräften im Osten an Zahl der Streiter mehrfach überlegen.
Es kam zunächst zu kleineren Grenzkämpfen, in denen die Russen überall zurückgeworfen
wurden; aber dennoch drangen kleinere Abteilungen feindlicher Reiter hie und da in
die Provinz ein und verbreiteten unter den Bewohnern Furcht und Schrecken. Mitte
August hatten die Russen ihren Aufmarsch beendet und rückten in: Osten und Süden
gegen Ostpreußen vor. Die Wilnaarmee wurde zwar bei Stallupönen am 17. und
bei Gumbinnen am 20. August geschlagen; aber am Abend nach der Schlacht bei
Gumbinnen erhielten die deutschen Truppen den Befehl zum Rückzüge, weil von Süden
her die Narewarmee anrückte. Nunmehr brach die Wilnaarmee zu beiden Seiten
der Bahnstrecke Eydtkuhnen-Königsberg in die Provinz ein. An der Deime wurde sie
zwar durch den Königsberger Landsturm aufgehalten; aber feindliche Kavallerie unter-
nahm Streifzüge weiter süd- und südwestlich über Gerdauen, Angerburg und Lötzen „
bis Lyck und westlich bis zur Passarge, wenige Meilen von Königsberg.
b) Kriegsnot in Ostpreußen. Der Einbruch der Russen brachte die Bewohner
der Provinz in große Not. Hunderttausende verließen in Eile Haus und Hof und
flohen zu Fuß, auf Wagen und mit den Eisenbahnen über die Weichsel, zum Teil bis
Berlin und darüber hinaus nach Mitteldeutschland. Viele versuchten, ihre großen
Viehherden vor den Russen zu retten; aber wenigen gelang es, so daß die Russen reiche
Beute fanden. Was sie nicht verbrauchen oder mitnehmen konnten, vernichteten sie
durch Feuer und Schwert oder verunreinigten es in unaussprechlicher Weise. Zahl-
reiche Einwohner mußten den Tod erleiden, und die wehrfähigen Männer wurden
zum großen Teil gefangen genommen und nach Sibirien abgeführt. Das deutsche
Volk aber nahm an den: traurigen Schicksal der Geschädigten innigen Anteil, linderte
nach Kräften die Not der Flüchtlinge und veranstaltete zum Besten der Provinz Samm-
lungen, die reichen Ertrag lieferten.
e) Die Schlacht bei Tannenberg. Kaiser Wilhelm war nicht damit einver-
standen, daß seine Truppen Ostpreußen räumen sollten, und gab Befehl, sofort den
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