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1. Ferdinand Hirts Neues Realienbuch für die Provinz Brandenburg - S. 29

1917 - Breslau : Hirt
Der Weltkrieg 1914/17. 29 E. Die Kriegsleistungen der „Heimarmee". a) Das Wirtschaftsleben im Kriege. Um 1870/71 wurde in Deutschland vor- wiegend Ackerbau getrieben, der an Feldfrüchten mehr Ertrag lieferte, als die 41 Mil- lionen Bewohner brauchten. Was au sonstigen Nahrungs- und Genußmitteln fehlte, konnte über die vom Kriege nicht bedrohten Laudesgrenzen eingeführt werden. Heute steht zwar der Ackerbau auf weit höherer Stufe als damals; aber es sind 26 Millionen Bewohner mehr zu ernähren — dazu jetzt noch über 2 Millionen Gefangene —, unser Volk ist mehr und mehr ein Industrie- und Handelsvolk geworden, der Wohlstand hat sich gehoben, und damit sind die Bedürfnisse gestiegen. Nach amtlichen Berech- nungen war im Jahre 1912 die gesamte Einfuhr au pflanzlichen und tierischen Nah- ruugs- und Genußmittelu mit Einschluß des lebenden Viehs um 3028,8 Millionen Mark höher als die Gesamtausfuhr. Die Einfuhr fällt im Weltkriege infolge der eng- lischen Absperrungsmaßregeln fast ganz fort; deshalb hofften die Engländer, Deutsch- land aushungern zu können. Der Reichstag erkannte sogleich die Gefahr und erteilte am 4. August 1914 dem Bundesrat die Genehmigung, „während der Zeit des Krieges diejenigen Maßnahmen anzuordnen, welche sich zur Abhilfe wirtschaftlicher Schädi- gungen als notwendig erwiesen". Bald darauf wurden für Roggen, Weizen, Gerste, Kleie und Speisekartoffeln Höchstpreise festgesetzt. Das Verfüttern von Brot- getreide war fortan verboten. Weizen mußte mindestens bis 72%, Roggen bis 75% ausgemahlen werden. Weizeubrot erhielt einen Roggeumehl-, Roggenbrot einen Kartoffelzusatz (K-Brot). Durch die Ausgabe von Brot-, Fleisch- und Milchkarteu wurde jeder Person eine gewisse Menge der wichtigsten Nahrungsmittel zugesichert. Im Frühjahr 1916 waren die Erträge der mäßigen Ernte des Jahres 1915 bis auf das Brotgetreide fast verbraucht, so daß in den dichtbevölkerten Industriegebieten große Not entstand. Auch in anderen Landesteilen wurden Klagen über Wucherpreise und unzweckmäßige Verteilung der vorhandenen Vorräte laut. Einheitliche und zweck- mäßige Versorgung der gesamten Bevölkerung mit den zur Verfügung stehenden Mit- teln tat dringend not. Deshalb wurde Ende Mai das Kriegsernährungsamt eingerichtet. Es sucht die im Jnlaude erzeugten und aus dem Auslande eingeführten Vorräte so einzuteilen, daß sie bis zur neuen Ernte ausreichen, die Preise für Lebensrnittel so zu gestalten, daß Erzeuger und Verbraucher dabei bestehen können, und alles, was die Erzeuger in der eigenen Wirtschaft nicht dringend brauchen, zu erfassen und an die Verbraucher zu verteilen. Hierbei wirken die Kommunalverbände (Kreise und kreis- freie Städte) mit. Das Kriegseruähruugsamt weist den Verbünden bestimmte Mengen von Nahrungsmitteln zu, und die Verbände erlassen daun die nötigen Bestimmungen für die Verkäufer und die Verbraucher. Die Einsetzung des Kriegsernährungsamtes erwies sich bald als segensreich. Zur Beseitigung der Kartoffeluot wurde das Verfüttern solcher Kartoffeln, die sich zur menschlichen Nahrung eigneten, verboten, und der Kar- toffelverbrauch der Landbevölkerung erfuhr eine Einschränkung. Wo die Kartoffeln nicht ausreichten, durfte Brotgetreide als Ersatz gegeben werden. Durch Herausgabe der vorhandenen Vorräte an Hülsenfrüchten, Fett, Speck, Gefrierfleisch und Konserven suchte man die Lebensmitteluot in den großen Städten und Jndustriebezirken zu lin- dern und besonders den Schwerarbeitern Zulagen zu verschaffen. Die Großstädte er- hielten, soweit es möglich war, Nahrungsmittel zu Massenspeisungen, die der ärmeren Bevölkerung für wenig Geld zugute kamen. Der Lebensmittelwucher wurde bei Strafe verboten und durch Festsetzung von Höchstpreisen erschwert. Die Versorgung mit Fleisch, Eiern, Butter und anderen Speisefetten erfolgte einheitlich durch Ausgabe
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