1905 -
Halle a.S.
: Buchh. des Waisenhauses
- Autor: Baltzer, Justus, Leonhardt, Carl
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Mädchenschule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Welt
- Geschlecht (WdK): Mädchen
24
§ 10. Vorderindien.
2. Klima, Flora und Fauna. Vorderindien, ebenso Hinter-
indien und die s. Inselwelt stehen unter dem Einfluß der Monsune, welche
in ersteren beiden infolge der sommerlichen Erhitzung Südasiens sw.
Richtung haben und im Sommer den Regen vom Indischen Ozean ins
Land bringen, während auf den Inseln durch die Erhitzung Australiens
nw. Winde im Winter herrschen.
Ganz Vorderindien, zumal Hindostan und die Insel Ceylon, ist durch
den Reichtum seiner Tier- und Pflanzenwelt ausgezeichnet. Hier lebt der
indische Elefant, der Tiger und die Riesenschlange, im Ganges das Krokodil;
hier ist Baumwolle, Zuckerrohr und Indigo heimisch, die Banjane oder
heilige Feige der Hindus bildet mit ihren aus den Ästen senkrecht in
den Boden wachsenden Luftwurzeln natürliche Tempelhallen; das Haupt-
getreide ist der Reis (wie im ganzen Monsun-Gürtel); an der
Malabar-Küste wächst der kletternde Pfefferstrauch, auf Ceylon der beste
Zimmetlorbeer nebst ganzen Wäldern von Kokospalmen; aus Ceylon baut
man jetzt auch ausgezeichneten Kaffee und am Himalaja Tee.
Die wichtigsten Produkte, welche ausgeführt werden, sind: Reis,
Baumwolle, Zuckerrohr, Mohn (Opium), Flachs (Jute), Indigo, Tee,
Kaffee, Gewürze.
3. Bevölkerung, geschichtliche und staatliche Ver-
hältnisse. Von den 291 Millionen, welche die Halbinsel bewohnen,
sind 57 Mill. Mohammedaner, so daß der König von England mehr
mohammedanische Untertanen hat als der türkische Sultan. C h r i st e n
dagegen sind nur 2,3 Mill. Der weitaus größte Teil der Bewohner gehört
dem Volke der Hindus an, das die dreigeteilte Einheit der Götter
Brahma, W i s ch n u, S ch i w a verehrt. Es ist in „Kasten" geteilt, die
mit größter Strenge voneinander getrennt gehalten werden: die vornehmste
ist die weiße der Br ahm inen oder Priester. Die Hindus sind ein
sanftes und friedfertiges Volk, fast ausschließlich von Ackerbau lebend.
Die gewaltigen Denkmäler, Tempel und Paläste, sowie die Dichtungen
der „Vedas" zeugen von ihrem Kunstsinn; sie haben auch das System
unsrer 10 Ziffern und das Schachspiel erfunden. Sie haben durch Unter-
werfung der Dravidas, der dunklen Urbevölkerung Indiens, sich
zu Herren des Landes gemacht, jedoch nie an Eroberungen über ihre Halb-
insel hinaus gedacht; um so öfter freilich sind sie in späteren Jahrhunderten
die Beute fremder Eroberer geworden.
Die Mohammedaner eroberten seit dem 11. Jahrhundert Indien, die
Mongolen gründeten im 16. Jahrhundert das Reich des Großmoguls mit
der Hauptstadt Delhi. Seitdem der Portugiese V a s c o (wasko) d a
G a m a 1498 den Seeweg um Aftika nach Indien fand, haben europäische