1911 -
Halle a. d. S.
: Verl. der Buchh. des Waisenhauses
- Autor: Lampe, Felix
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Höhere Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Mädchenschule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Europa
- Geschlecht (WdK): Mädchen
166
Ii. Die außerdeutschen Länder Europas.
ist ein mürber, gelbbrauner Lehmboden, ein Erzeugnis der Gesteins-
verwitterung; die feinsten Teilchen sind in besonders dürren Zeiträumen
der Diluvialzeit von der bewegten Luft vertragen und dann hauptsächlich
in Bodenvertiefungen (Tälern, Kesselebenen) oder an Gebirgsabhüngen
aufgehäuft. Der nämliche Lößanfschutt deckt auch das Vorland der
Karpaten in Galizien und in der Bukowina, und bedingt hier wie in
Ungarn die große Bodenfruchtbarkeit.
o) Klima. Ungarn hat osteuropäisch heiße Sommer und kalte Winter. Seine
gebirgigen Waldränder umschließen eine waldarme Ebene, die stellenweise
eine völlige Steppe, „die Pußten "ff darstellt. Alle ins Innere des
ungarischen Kessels wehende Luft wird nämlich an den Gebirgsrändern
entfeuchtet. Indessen genügt der sommerliche Regen, um ans dem meist
sehr fruchtbaren Niederungsboden massenhaften Weizenbau zu fördern.
An den Gebirgsabhüngen gedeiht herrlicher Wein; außer Weizen und
Wein liefert Ungarn aber vornehmlich Erzeugnisse seiner umfassenden
Weidewirtschaft für den Außenhandel: Mastochsen, Schweine, Pferde,
ä)Bevölkerung. Je mehr die Donau ihr Durchbruchstal nach Rumänien hin ein-
tiefte, desto mehr fanden die Gewässer Abfluß, mit denen Donau und
Theiß ihre Ufer übersumpften. Die breiten Sumpfstreifen an den s. ge-
richteten Strecken beider Ströme schieden einst dnrch ihre Ungangbarkeit
den O. vom W. der niederungarischen Ebene. Den O. bewohnten im
Altertum Thrazier, den W. Illyrier; die illyrische Römerprovinz
Pannonien reichte nie über das Donauknie hinaus, die nordthrazische
Römerprovinz Dazien nie über die Theiß nach W. Das Weideland
der waldleeren ungarischen Niederung vermochte nomadische Reitervölker
leicht zu beherbergen, und die südrussischen Steppen eröffneten ihnen
von fernem O. her freie Bahn dorthin. Wiederholt hielten daher von
O. eingefallene Nomaden hier Lager und richteten von hier aus die
Donau aufwärts ihre Raubzüge nach W., so die Hunnen und später
die türkischen Awaren; diese bargen ihren Raub in großen Ringwällen
zwischen Donau und Theiß. Erst die Ungarn, die sich selbst Magyaren
fmadjareiff nennen, beherrschten dauernd die ganze Ebene und bald auch
ihre Umgebung. Sie ritten gegen das Jahr 900 von O. her ein, machten
hundert Jahre später durch Annahme des Christentums Frieden mit den
christlichen Völkern des W. und wurden seßhaft. Indessen lieben sie noch
heute das freie Wohnen in dörflich offenen Städten, sind vorzügliche
Reiter ff von kräftigem, indogermanischem Aussehen trotz ihrer ffnnischen
1 Vom slawischen pust — wüst, also „öde Flächen". — 2 Die Husaren sind
den ungarischen Reitern nachgeahmt, auch in ihrer Uniform.