1882 -
Altenburg
: Bonde
- Autor: ,
- Hrsg.: Runkwitz, Karl
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
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und Asche besteht; natürlich ist dieser Rand an einer Stelle höher, als
an der anderen. Um den ganzen Krater kann man mit großer Vorsicht
auf dem schmalen Rande, der ihn umgiebt, herumgehen, wozu etwa
1 Stunde erforderlich ist. Daß sich seine Gestalt bei heftigen Ausbrüchen
immer verändert, ist bekannt.
^ In der Mitte des ungeheuern Kessels ist ein Boden, der eigentliche
Feuerschlund. Man sieht da einen kleinen Kegel, der 7 bis 9m
hoch zu sein scheint und durch das Gestein und die Asche, die der Vulkan
immer auswirft, gebildet ist. Auf dem Gipfel dieses Kegels ist eine
Öffnung, die in das Innere des ewig brennenden Höllenrachens hinabgeht,
aus welcher ein weißer,,, schwefelgelblich schimmernder, dichter Dampf auf-
wallt; einige kleinere Öffnungen sind daneben. Am Fuße dieses kleinen
Kraters bemerkt man an verschiedenen Stellen, deren Zahl sich vermehrt,
sobald es dunkel wird, das Feuer der Erde. Wie düsterrote Kohlenglut
sieht man hier das Gestein des Berges
brennen; zwischen dem Feuer hin ziehen
sich Lagen der schwarzen, mit gelbem
Schwefel überzogenen Erde. Die in-
nere Wand des Kraters ist steil und
gewährt dem Auge eine gar wilde,
schauerlich öde Ansicht.
Unter unseren Füßen brüllt der
Donner der Erde, dumpf wie der
Kanonengruß ferner Meerschiffe; bald
tiefer, dumpfer, grauenvoller, wütender,
ein Getöse hohl zusammenschlagender
Felsenberge. Ein Atemzug der Stille,
und „der dichte, graue Dampf, der über
der Öffnung des kleinen Kegels schwebt,
rötet sich heißer, glühender, brennender.
Ein breiter Flammenstrahl fährt sau-
send, zischend, rollend empor; ein Strauß
Glut sprühender Steine und Asche steigt
funkelnd über das Feuer hinaus in
die Nacht und füllt rings auf den Kegel nieder, wo die Feuerbülle ver-
dampfen und langsam erkalten. In Zwischenräumen von etwa 10 Minuten
wiederholt sich immer dasselbe Schauspiel.
Die Geschichte wußte nichts davon, daß der Vesuv ein Vulkan sei;
keine Kunde von irgend einem Ausbruche desselben war vorhanden. Aus
dem Berge bestand ein großes, flaches, mit wildem Wein überranktes
Bassin, in welchem Spartakus mit 10 000 Mann während des Sklaven-
krieges sein Lager aufschlug. Sein äußerer Abhang war mit fruchtbaren
Feldern bedeckt, und an seinem Fuße blühten die Städte Herkulanum,
Pompeji und Stabiü. Im Jahre 79 n. Chr., unter der Regierung von
Titus, aber hatte der Vesuv den ersten geschichtlich bekannten Ausbruch,
über welchen uns die Briefe des jüngeren Plinius, die er über den Tod
seines Onkels, des römischen Naturforschers Plinius, an Tacitns schrieb,
guten Bericht hinterlassen haben. Diese interessante Schilderung mag uns
in die nähere Erkenntnis der vulkanischen Wirksamkeit einführen. Man
Schlackenkegel auf einem Lavastrom
am Vesuv.