1913 -
Berlin
: Oehmigke
- Autor: Nohl, Walther
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Brandenburg
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde, Geographie, Brandenburg
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Außer vielen Lokomotiven lieferte die Anstalt eiserne Brücken,
Dächer für Bahnhofshallen, Kirchenkuppeln (darunter die mäch-
tigen Kuppeln der Nikolaikirche zu Potsdam und des König-
lichen Schlosses zu Berlin), großartige Pumpwerke, wie das,
welches die Springbrunnen in Sanssouci bei Potsdam treibt,
und dergleichen bedeutende Eisenbauten mehr.
Bei all den Erfolgen seines Strebens hatte sich Borsig ein tief-
inniges, sinniges Gemüt bewahrt. Trotz des großen Reichtums,
den er erwarb, lebte er in seinem, von einem herrlichen Garten
und Park umgebenen Heim mit seiner Gattin in einfach bürger-
licher Anspruchslosigkeit der Erziehung seines einzigen Sohnes.
Hier verbrachte er die Feierstunden seines Lebens in traulichem
Umgänge mit wenigen bewährten Sinnes- und Geistesgenossen.
Zu diesen gehörte auch Beuth, den er später für das gewaltsame
Eingreifen in sein Schicksal dankbaren Herzens gesegnet hat, der
berühmte Naturforscher Alexander von Humboldt, der Bildhauer
Rauch, der Baumeister Stüler und andere Zierden der Kunst
und Wissenschaft. Dabei vergaß er auch seine alten Freunde
und Arbeitsgenossen keineswegs.
Selbst König Friedrich Wilhelm Iv. zählte zu den Gästen
des deutschen Lokomotivenkönigs, wie nun Borsig bald genannt
zu werden pflegte. Als der König einst Borsigs schöne Gärten
und sein prächtiges Wohnhaus besichtigte, rief er scherzend aus:
„Lieber Kollege, wenn ich doch auch so wohnen könnte, wie Sie
hier wohnen!"
Wie er zu seinen Arbeitern stand und den Namen „Vater
Borsig" rechtfertigte, möge ein Beispiel zeigen. Im Frühling
1854 war die fünfhundertste Lokomotive vollendet worden, ein
Ereignis, das Borsig mit all seinen Arbeitern durch ein Fest feierte.
In buntem Flaggenschmuck prangten die Gebäude seiner Werk-
stätten. Ein Festzug vou mehr als tausend seiner braven Arbeiter
begleitete die blumenbekränzte Jubellokomotive nach der An-
halter Bahn. Später versammelten sich alle mit ihren Frauen
im Krollschen Etablissement zu einem Festessen. „Esset und trinkt,
Kinder," rief Borsig seinen Arbeitsgenossen in heiterster Laune
zu, „zeigt, daß ihr hier ebenso tapfer dreinhauen könnt, als beim
Amboß! Seid lustig und guter Dinge! Bei der tausendsten wollen
wir noch vergnügter sein!" Und als ihm darauf der Handelsminister
van der Heydt, der bei dem Fest erschienen war, in Gegenwart