1913 -
Berlin
: Oehmigke
- Autor: Nohl, Walther
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Brandenburg
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde, Geographie, Brandenburg
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die Natur selber in Festtagsstimmung zu sein. Wie flüssiges Gold
quoll der Sonnenschein durch das zarte, grüne Buchenlaub und
warf breite, Helle Flecken auf den moosigen Weg. Eine Weile
noch hallte fernes Glockenläuten herüber; dann verwehte der
Klang, und nur das vielhundertstimmige Vogelkonzert belebte
die Stille. Ein paarmal führte der Weg über eine Waldblöße;
dann schwirrte der Gesang der Lerchen vom blauen Himmel herab
wie ein lang anhaltendes Geigentremolo in den höchsten Tönen.
Von Menschen traf ich nur ein paar Kirchgänger, dann nichts
mehr.
3. Zur Frühstückszeit kam ich nach Welsigke, einem stillen
Walddorf mit einer Oberförsterei. Das Försterhaus liegt im
Schatten uralter Eichen und Kastanien. Da der Tag heiß war,
rastete ich ein wenig auf einer Bank unter ihren Zweigen. Der
Forstmeister, eine prächtige, kraftvolle Weidmannsgestalt, trat
unter die Haustür, und bald entspann sich ein Gespräch, das mit
den Kränzen, die noch von der Hochzeit der einzigen Tochter her
am Hause hingen, anhob und mit dem Wildbestand der Forsten
endigte. Welsigke ist ein Stück der ehemaligen Brandtsheide
und hat in seinen Wäldern einen sehr starken Bestand nicht allein
an Reh- und Damwild, sondern auch an Wildschweinen und Fa-
sanen. Mittlerweile war die stille, freundliche Frau Forstmeisterin
mit den gütigen Augen zu uns getreten; wie durch Zauberhand
deckte sich der Tisch, und den Wegfremden wurde in altdeutscher
Gastfreundschaft ein kräftiges Frühstück so freundlich angeboten,
daß das Ausschlagen eine Beleidigung gewesen wäre.
Neugestärkt wanderte ich weiter nach Grubo, einem alten
wendischen Dorfe. Der letzte Teil des Weges von hier bis Raben
ist der beschwerlichste; er führt durch niedrige Bauernheide, ist
sonnig und sandig. Desto lieblicher ist der Blick auf das Dörfchen
Raben. Es liegt in einem Wiesengrunde an den Ufern der hier
entspringenden Plane; waldige Höhenzüge bilden rings den
Hintergrund. Die ganze Landschaft erinnert an die Gegenden
des Unterharzes.
4. Südlich vom Dorfe erhebt sich auf einer steil aus dem
Tal aufsteigenden Bergkuppe, die Gegend beherrschend, Burg
Rabenstein. Durch eine kühle Schlucht führt der Weg hinauf; man
hat hier neuerdings Anlagen gemacht, und in das Haselnuß- und
Buchenunterholz mischen sich blühende Flieder- und Weißdorn-