1897 -
Bielefeld [u.a.]
: Velhagen & Klasing
- Autor: Kahnmeyer, Ludwig
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Schülerbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
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Herberge, hatten gemeinschaftliche Feste, einen gemeinschaftlichen Trinkbecher und
eine gemeinschaftliche — Totenbahre. Auch bildeten sie einen besonderen Teil des
Bürgerheeres und kämpften auf den Stadtmauern gegen feindliche Überfälle unter
Anführung ihrer Zunftmeister. Der Innung gehörten Meister, Geselle und Lehrling
an. Nach beendeter Lehrzeit erhielt der Lehrling von der Innung einen „Lehrbrief".
Der Geselle konnte ohne Einwilligung der Innung nicht Meister werden, auch war
es einem fremden Meister, bevor er Mitglied der Innung geworden war, nicht ge-
stattet, sein Handwerk in der Stadt zu treiben. Um das Handwerk vor Überfüllung
zu schützen, hatten die Zünfte festgesetzt, daß jeder Meister nur einen, ein junger
Meister gar keinen Lehrling halten durfte.
4. Die Hansa. Zur Zeit des Faustrechts lauerten die Raubritter nicht selten
den vorüberziehenden Kaufleuten an der Heerstraße auf oder plünderten ihre Schiffe,
die den Rhein und die Elbe befuhren. Da vereinigten sich Lübeck und Hamburg
(1241) und beschlossen, sich gegen diese Räuber zu schützen. Sie schufen sich ein eignes
Heer und rüsteteten Kriegsschiffe aus, die die Kauffahrer auf der Elbe in Schutz
nahmen. Diesen Bund nannte man die Hansa. Bald traten nun auch noch andre
Städte diesem Bündnis bei, wie Braunschweig, Stralsund, Stettin, Köln, Frank-
ftirt a. O., Königsberg, Magdeburg u. s. w., im ganzen 60 Städte, und es dauerte
nicht lange, so zitterte alles vor der Macht der Hansa. 300 Jahre lang war die
Hansa in voller Blüte. Im 15. Jahrhundert aber zerfiel sie allmählich, weil die
Fürsten selbst mehr für Ordnung und Sicherheit sorgten.
20. Tehnswesen. Recht und Gesetz.
1. Lehnswesen. Aus dein Frankenlande hatte sich das Lehnswesen (S. 6) nach
nnb nach über ganz Deutschland ausgebreitet. Der Kaiser war getvöhnlich der
Lehnsherr der Fürsten, Erzbischöfe und anderer Großen, und diese teilten wieder
kleinere Lehen aus, z. B. Städte, Burgen, Wälder, Fischereien, Brauereien, Mühlen,
Ackerhöse re. Selbst das Amt eines Schultheißen, Grasen re. war vielfach ein Lehen.
Besonders häufig wurden die Klöster an weltliche Große als Lehen abgegeben. Dafür
mußten diese dann gewisse Gegendienste thun, z. B. den Abt zu Pferde begleiten, den
Klosterwagen gegen Räuber schützen re. Aus den Lehnsleuten ist ein großer Teil des
Adels hervorgegangen.
2. Strafen. An die Stelle des früher gezahlten „Wergeldes" trat nach und
nach eine Bestrafung an Gut und Ehre, Leib und Leben. Die Strafen waren im
allgemeinen sehr hart. So heißt es z. B. im Salzburger Stadtrccht: „Wer ein
Falschmünzer ist, der wird verbrannt oder versotten. Wer meineidig ist, dem soll die
Zunge hinten zum Nacken herausgerissen werden." Ungetreue Frauen wurden lebendig
begraben, Mordbrenner, Kirchenräuber, Grabschänder u. a. lebendig verbrannt.
Landesverräter wurden gevierteilt, indem an jeden Arm und Fuß ein Pferd gespannt
und so der Leib auseinander gerissen wurde. Sehr beliebt war auch das Verstümmeln.
So wurden die Nasen und Ohren abgeschnitten, die Hand oder der Fuß abgehauen,
die Augen geblendet re. Daneben waren noch allerlei Ehrenstrafen in Gebrauch. So
mußten z. B. Obstdiebe, Verleumder u. a. mit dem Halseisen am Pranger stehen.
Betrüger, falsche Spieler, Bäcker, die zu kleines Brot gebacken hatten, u. a. wurden
mit der sogenannten Prelle (einem gitterartigen Kasten) im Wasser untergetaucht und
dann wieder emporgeschnellt.
3. Femgerichte. Aus den alten Volksgerichten der Franken entstanden nach
und nach die Feingerichte. Diese verbreiteten sich in den schütz- und rechtslosen Zeiten
des Mittelalters durch ganz Deutschland. Sie gewährten jedem Freien den sichersten