1897 -
Bielefeld [u.a.]
: Velhagen & Klasing
- Autor: Kahnmeyer, Ludwig
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Schülerbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
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d. Klima.
33. Deutschland erfreut sich eines milden, gemäßigten Klimas. Im allge-
meinen herrschen die West- und Südwestwinde vor. Da diese aus einer wärmern
Gegend und vom Meere Herkommen, so bringen sie uns nicht nur Wärme, son-
dern auch häufig Regen. Die Ost- und Nordostwinde dagegen, die glücklicher-
weise nicht allzuhäufig eintreten, wehen über die ausgedehnten Ländermassen Ruß-
lands hin und bringen uns daher meistens trockne Kälte im Winter oder lästige
Hitze im Sommer. Im Winter herrscht namentlich der Südwestwind vor. Er
spendet uns dann vom noch warmen atlantischen Meere her Wärme. Beim
Fortzuge nach Nordost erkaltet er aber allmählich, da er seine Wärme an den
winterkalten Boden abgiebt. Daher kommt es, daß in Deutschland die Wärme
nicht nach Norden, sondern nach Nordosten hin abnimmt. So ist z. B. der
Rhein durchschnittlich nur 26 Tage, die Oder aber 70 Tage im Jahre mit Eis
bedeckt. Je weiter ein Ort bei uns nach Nordosten liegt, desto größer wird
außerdem auch der Unterschied zwischen Winter und Sommer. (S. 102.) Die
Stadt Berlin hat z. B. kältere Winter und heißere Sommer als die Stadt Trier.
Der Süden Deutschlands ist im allgemeinen nur wenig wärmer als der Norden;
die Ursache davon ist in der weit höhern Lage Süddeutschlands zu suchen.
Daher ist es z. B. in München durchschnittlich kälter als in Berlin.
Ii. Die Staaten Deutschlands.
1. Das Königreich Preußen.
(352 T. qkm — 32 M. E. — V3 kath.)
Der Norden und fast der ganze Osten liegen in dem großen norddeutschen
Tieflande, das von dem nördlichen und südlichen Landrücken durchzogen
wird. (S. 87.) Der Süden und Westen sind gebirgig. Die wichtigsten Gebirge
sind: die Sudeten, der Harz, der Thüringer Wald, das Weserbergland
und das rheinische Schiefergebirge (S. 88—89). Die größten Flüsse sind:
Weichsel, Oder, Elbe, Weser und Rhein (S. 91—93). Das König-
reich Preußen zerfällt in 12 Provinzen.
a. Provinz Ostpreußen. (37 T. qkm — 2 M. E. — >/? kath.)
1. Das Küstengebiet. Die Küste Ostpreußens ist eine Haffküste. An ihrer
Bildung sind häufige Nordweststürme besouders beteiligt. (S. 87.) Durch die
kurische Nehrung wird das kurische Haff, durch die frische Nehrung das
frische Haff von der Ostsee getrennt.
Die kurische Nehrung ist etwa 100 km lang und V2 — 4 km breit. Wer
von Norden her diesen Landstreifen betritt, erblickt nichts als einzelne, verkrüppelte
Kiefern und 50 bis 60 m hohe Saudberge. Mit diesen treibt der Wind sein
Spiel, und wenn man sie betritt, sinkt man tief ein. Ehedem war die Nehrung
mit üppigen Wäldern bestanden. Als aber die Russen im siebenjährigen Kriege
die dichten Wälder lichteten, da trieb der Westwind den Dünensand immer weiter
vor sich gegen das Haff hin, und Wälder und Wiesen, ja, selbst ganze Dörfer
wurden vom Sande verschüttet. Nur bei dem Dorfe Schwarzort findet man
noch einen ausgedehnten Hochwald. Doch auch in diesen dringen die wandernden
Dünen — jährlich etwa 6 m nach Osten vorrückend — von Jahr zu Jahr
tiefer ein. Nach einigen Jahrzehnten wird sehr wahrscheinlich nicht nur der
Wald, sondern auch das Dorf selbst von ihnen begraben worden sein.