1880 -
Braunschweig
: Vieweg
- Autor: Klein, Hermann Josef
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Realschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10, ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Gymnasium, Realschule, Höhere Lehranstalt
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
- Konfession (WdK): offen für alle
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Das Land.
stets an denselben Stellen des Gletscherbettes. Die Gletscherbewegung erfolgt (gleitend
und fließend) durch den Druck der gesummten Masse und die Biegsamkeit des Eises, sie
ist im Sommer und bei Tage größer als im Winter und bei Nacht; in der Mitte, an
der Oberfläche und auf stark geneigter Flüche beträchtlicher als an den Rändern und
in der Tiefe auf nahe ebenem Boden. Durchschnittlich beträgt sie höchstens V2 m täg-
lich; die schnellste Bewegung (12 m) wurde am 1. Juni 1845 beim Bernagtgletscher
in der Schweiz beobachtet.
Schutt und Steintrümmer, welche auf die Gletscherobcrfläche gelangen, ordnen sich
in Folge der Bewegung derselben in lange Reihen, Seitenmoräncn (Gandeken),
längs der Gletscherränder. Vereinigen sich zwei Gletscher zu einem einzigen, so bilden die
Seitenmoräncn der sich an einander schließenden Ränder eine Mittelmoräne (Gusfer),
während der am unteren Endpunkte des Gletschers zusammengetragene Schutt zur End-
moräne wird. Gesteinsniassen, welche durch Spalten unter den Gletscher gerathen,
werden durch das ungeheure Gewicht und die Fortbewegung der Eismafse zu Geröll
oder Sand zertrümmert (Grundmoränen) und veranlassen Trübung der Gletscher-
bäche. Die Ausfurchung, Schleifung und Polirung der felsigen Gletscherbettcn sowie
die Ansammlung von Moränenschutt liefern sichere Beweise für das einstige Vorhanden-
sein von Gletschern an Orten der Erdoberfläche, wo dieselben heute nicht mehr gefunden
werden.
Die Bedeutung der Gebirgserhebungcn für die klimatischen Verhältnisse und
allgemein für die Wcltstellung der Länder ist außerordentlich, aber int Einzelnen
sehr verschieden. Dagegen haben selbst die mächtigsten Gebirge nur eine
geringe Bedeutung für die horizontale Gestaltung der Festländer. Nicht nach
dem Gebirge richtet sich die Configuration des Landes, wie man früher glaubte,
sondern der Gebirgszug hängt im Großen und Ganzen von der Ausdehnung des
Festlandes ab.
„Die Beharrlichkeit der Höhenverhältnisse auf den Abhängen der Gebirge bezeugt
uns unwiderleglich, daß sie an den Rändern der Fcstlande aufgestiegen sind, und daß
schon vor ihrer Erhebung die Umrisse der letzteren gegeben waren. Wären die Anden
nämlich nicht am Rande eines schon trocknen Südamerika, sondern aus den Tiefen des
Oceans aufgestiegen und trügen sie als Gebälk ein neues Festland, so müßte sich an ihrem
pacisischen Abhange ein ebenso breiter Küstensaum finden, wie auf der Binnenseite, was
doch bekanntlich nicht der Fall ist. Immer sollte uns gegenwärtig bleiben, daß jedes
Festland, und wenn es völlig eben wäre, als mächtiges Hochland aus der See aufsteigt
und daß neben der Erhebung von Festlandmassen, wenn man den Körperinhalt berech-
net, auch die höchsten Gebirge nur untergeordnete Erscheinungen sind. Auch wissen wir
bereits auf anderem Wege, daß an der Stelle, wo jetzt die Gebirge stehen, also auf dem
Raume ihres Sockels, schon vor der Erhebung trocknes Land war." (Peschel.)
Eine besondere Art von meist kegelförmigen Bergen sind die Vulkane, bei
welchen ein Canal in das Erdinnere führt, durch den von Zeit zu Zeit (bei
Eruptionen) gasförmige, feste und glühendflüssige Massen (Lava) ausgeworfen
werden.
Vulkane treten seltener einzeln, meist in Gruppen oder Reihen ans.
Reihenvulkane finden sich entweder zu bogenförmigen Inseln grnppirt
oder als Gipfel langgestreckter Gebirge und Plateaus in der Nähe des Meeres. Sie
stehen gewissermaßen als Essen über langen Spalten der inneren Erdkruste und
bilden eine charakteristische Eigenthümlichkeit gewisser Gegenden unseres Planeten.
Isolirte Vulkane treten ausnahmsweise auch fern vom Meere auf, aber stets in
Gegenden, die früher Seebedeckung besaßen.