1905 -
Glogau
: Flemming
- Autor: Pahde, Adolf
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
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Erdoberfläche — bei den meisten Vulkanen nach längeren oder kürzeren
Unterbrechungen — aus der Tiefe Neubildungen. Das ist aber auch
in anderer Art möglich. „Das Vorhandensein eines Kraters an
vulkanischen Gebilden der heutigen Erdoberfläche ist für das Auf-
treten von Ausbruchserscheinungen durchaus keine Vorbedingung."
Auf der westindischen Insel Martinique wälzte sich im Mai 1902
eine Lawine von Wasserdampf und glühender Asche an den Ab-
hängen hinab und vernichtete in wenigen Minuten eine Stadt von
30000 Einw.; die Lava verharrte als Wulst auf den: Gipfel, und
daraus wuchs in den folgenden Monaten eine riesige, steile Felsnadel
höher als der Eiffelturm empor („eine Art ungeheuerliche Wurst von
Lava"), um im Juni 1903 wieder zu verschwinden (vielleicht in die
Tiefe zurückzusinken). Grenzfälle vulkanischer Ausbrüche bilden
einerseits reine Lava-Ergüsse, bei denen aus dem Schlot zähes
Magma zu einer Kuppe mit „Zwiebelstruktur" aufquillt, oder dünn-
slüssige Lava in einem Riesenkrater (wie auf Hawai) brodelt —
anderseits reine Dampfexplosionen, bei denen (wie 1888 an
einem für erloschen geltenden Vulkane Japans) ein großer Teil des
Berges weggesprengt wirdz oder (wie bei den Maaren der Eifel) die
durch den Dampfstoß aufgeworfenen Trümmergesteine die Öffnung
verstopft haben; bei solchen Explosionen wird also nur Vorhandenes
zerstört, aber keine Neubildung an die Erdoberfläche gebracht.
Einzelne Vulkane (wie der Stromboli, s. Mi 18) sind fast immer
tätig, andere nur nach Ruhepausen, die bisweilen Jahrhunderte
dauern; für noch andere (z. B. die Eifel) dürfen wir sicher annehmen,
daß ihre Herde erschöpft sind. Ein Zeichen der Erschöpfung (auch
nach der einzelnen Ausbruchperiode) ist das Ausströmen von Gasen:
die Solfataren enthalten schweflige Dämpfe, die Fumarolen
Wasserdampf, die Musetten endlich nur noch Kohlensäure. Neben
den letzteren sind Sauerquellen, d. h. Quellen, deren Wasser
Kohlensäure enthält,2 sowie Thermen, d. h. Quellen, deren Tem-
peratur höher ist als die durchschnittliche Lufttemperatur am Ausfluß,
die letzten Zeugen ehemaliger vulkanischer Tätigkeit.
Das Vorkommen der Vulkane schließt sich an Verwerfungen oder
Faltungen an; wo durch diese „das Gefüge der Erdkruste zerrüttet
ist", da bahnen sich Dampf und Magma den Ausweg. Wenn so
der Vulkanismus den auffälligsten der von innen heraus erfolgen-
den Vorgänge darstellt, so ist doch nicht zu vergessen, wieviel dabei
das von außen eingedrungene Wasser mitwirkt. Das zeigt sich auch * *
1 Auch die Umgestaltung des Krakatau i. I. 1883 (vgl. S. 67, 85) wurde
offenbar zumeist durch Dampfexplosion verursacht; dabei wurde aber auch viel Asche
und Lavafetzen als Bimsstein ausgeworfen — ohne einen Lavastrom.
* Vgl. dazu S. 52. Anmerk. 3.