1886 -
Berlin
: Stubenrauch
- Autor: Wetzel, Friedrich, Richter, Carl, Menzel, J., Menges, Heinrich
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Inhalt Raum/Thema: ABC_Lesen
231
Werkstücken von Sandstein oder Gips eine Riesenmauer aufgeführt
hätte. Solche Schichten nennen die Bergleute Flötze; denn flöhen
bedeutet das Ansetzen des Gesteins durch Wasser.
Die Flötzgebirge bestehen hauptsächlich aus Kalk, Gips und
Sandstein; sie führen auch Muscheln, Salz und Steinkohlen
bei sich und sind oft sehr reich an Eisen und Blei, aber arm an
anderen Erzarten.
Zu diesen Gebirgsarten gehört in unserer Mark das große
Kalksteinlager von Rüdersdorf, welches für einen großen
Teil des Vaterlandes von nicht geringer Wichtigkeit ist. Hier
liegen in deutlich erkennbaren Schichten über einander verschiedene
Lagen von Kalkstein. Die unterste Lage hat eine blaue Farbe.
Zunächst über derselben liegt ein weißer oder gelber Kalkstein,
der aus einzelnen 130 bis 150 cm dicken Lagen besteht, im
ganzen aber eine Höhe oder Mächtigkeit von 75 in hat. Dieses
Gestein wird hier hauptsächlich gebrochen. Es folgen nun noch
viele andere Schichten von verschieden gefärbtem Gestein, die teil-
weise auch benutzt werden.
Die in den hiesigen Brüchen gewonnenen Steine werden nach
ihrer Größe und Beschaffenheit verschieden angewendet. Einige
Stücke eignen sich zur Anfertigung von winkelrechten Quadern,
Treppenstufen, Grabplatten und andern Steinhauer-Arbeiten. An-
dere dienen wenigstens als gewöhnliche Bausteine. Noch andere
werden in Kalköfen gebrannt.
Da die Rüdersdorfer Steinbrüche durch einen Kanal mit der
Spree in Verbindung stehen, so werden die gewonnenen Kalksteine
fast gänzlich zu Wasser verfahren. Der bedeutendste Absatz findet
nach der benachbarten Hauptstadt Berlin statt. Mit Brennsteinen
wird nicht nur die Umgegend versehen, sondern sie werden mittelst
der Kanalverbindungen zwischen Elbe, Spree, Oder und Weichsel
weithin gesendet. Einerseits kommen sie bis Mecklenburg und
Hamburg, andererseits bis Stettin, Posen, Bromberg und Grau-
denz. Sind doch diese Kalkbrüche die einzigen in den Provinzen
Brandenburg, Pommern und Preußen!
Seit der Zeit, daß in Stadt und Land der Bau massiver
Gebäude so bedeutend zugenommen hat, ist der Verbrauch der
Bau- und Brennsteine sehr gestiegen. Man hat deshalb die Be-
sorgnis ausgesprochen, daß das Rüdersdorfer Lager sich bald er-
schöpfen könne. Andere aber haben nachgewiesen, daß mindestens
noch für 1000 Jahre Vorrat da ist.