1873 -
Berlin
: Duncker
- Autor: Dielitz, Theodor, Heinrichs, Johann Ernst
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Realschule, Höhere Bürgerschule
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Das norddeutsche Tiefland. Die deutschen Flüsse.
§. 146.
Das norddeutsche Tiefland.
1. Das norddeutsche Tiefland von der Weichsel bis zur
Schelde zerfällt in das westdeutsche Tiefland von der Schelde bis zur
Elbe und in das ostdeutsche oder wendische von dieser bis zur Weichsel.
2. Das westdeutsche Tiefland (oder die niederrheinische
Ebene von der Schelde bis zur Ems und die sächsische von der Ems
bis zur Elbe) ist das Hinterland der Nordsee. Diese kämpft mit ihren
Fluten und Strömungen ununterbrochen gegen dasselbe an und hat nicht nur
eine große Menge von Inseln von demselben losgerissen, sondern auch mehrere
tiefe Meerbusen hineingespült, den Zuydersee, den Dollart und den Jahde-
busen. Durch Erbauung von Dämmen und Deichen haben die Bewohner
die fast ganz mangelnden Dünen zu ersetzen und sieb und ihr Land vor
dem Andränge des Wassers zu sichern gesucht. Das dem Meere nahe-
gelegene Land, das Mündungsland der Schelde, des Rheines mit der Maas,
der Ems, Weser und Elbe, ist ein fruchtbares Marschland oder mit aus-
gedehnten Torfmooren (Burtanger Moor) bedeckt, das weiter nach innen
gelegene Land dagegen der Kultur fast ganz unzugängliches Geestland oder
sehr dünn mit Haidekraut bezogene Sandwüsten.
3. Das ostdeutsche Tiefland dagegen, das Hinterland der Ost-
see, ist durch Dünen und durch höher gelegene Küsten gegen die Ostsee
geschützt, welche überdies der Flut entbehrt; es fehlen die der Küste vor-
gelagerten Sandinseln, wie die Nordsee sie kennt; Rügen, Bornholm und
die übrigen dänischen Inseln sind meist Kreidefelsen. Im Innern wird
dasselbe von zwei Landrücken durchzogen, a) Der uralisch- ba ltisch e
Landrücken zieht durch Jütland, durch die Mitte von Holstein, auf
der Südseite Mecklenburgs, Pommerns und Preußens, nordöstlich durch
Rußland, erhebt sich bedeutender im Wolchonski-Walde und schließt sich
dem Ural an. Er trägt hie und da, namentlich in Pommern und West-
preußen, bis zu 260"* hohe Sandberge, tiefe Seen an seinen Abhängen
und bildet die Wasserscheide für zahlreiche Küsten- und Binnenflüsse. b) Der
uralisch-karpathische Landrücken beginnt mit der Lüneburger Haide
auf dem westlichen Elbufer, setzt sich im Mining auf dem rechten Elbufer
nördlich von Wittenberg, dann in den Trebnitzer Höhen und in der Tarno-
witzer Höhe fort und zieht durch Südrußland bis zum Ural. Zwischen
beiden Höhenzügen liegt eine sandige, aber meist vortrefflich angebaute Ebene,
die von Seen und von Flüssen reichlich bewässert ist.
§• 147.
Die deutschen Flüsse.
a. Der Rhein.
1. Der Rhein, der eine Stromlänge von 150 Ml. und ein Strom-
gebiet von 4000 sllml. hat, entspringt auf dem St. Gotthard aus drei
Quellflüssen, dem Vorder-, Mittel- und Hinterrhein. Nachdem sich der
Mittelrhein bald mit dem Vorderrhein und dieser bei Reichenau mit dem
Hinterrhein vereinigt hat, der r. die Albula aufgenommen, fließt der ver-
einigte Fluß als Hochrhein bis Basel. Zuerst fließt er östlich bis Chur,