1897 -
Bielefeld [u.a.]
: Velhagen & Klasing
- Autor: Kahnmeyer, Ludwig, Schulze, Hermann
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
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12. Folgen des Krieges. Deutschland war durch den Krieg fast zur Einöde
geworden. Tausende von Städten und Dörfern lagen in Schutt und Asche, und ihre
Bewohner irrten heimatlos umher. Die Felder lagen unbebaut da; denn es fehlte an
Saatkorn und noch mehr an Zugvieh. ^/3 der Bewohner waren durch das Schwert
oder durch Hunger und Pest dahingerafft worden. Roheit und Aberglaube hatten
überhand genommen. In den Wäldern hausten Räuber; sie fielen über die Reisenden
her oder brachen in die Dörfer ein. Not und Elend herrschte überall. Es dauerte
an 200 Jahre, ehe Deutschland sich vollständig wieder erholt hatte.
18. Die Mark Brandenburg.
1. Gründung der Nordmark. Zwischen Elbe und Oder wohnten ehemals
die Wenden. Sie fielen häufig raubend und plündernd in das benachbarte Sachsen-
land ein. Das änderte sich aber, als Heinrich I. Kaiser von Deutschland wurde.
Nachdem sich dieser ein kriezstüchtiges Heer (S. 7) ausgebildet hatte, zog er
(927) über die Elbe, um die übermütigen Wenden zum Gehorsam zu zwingen.
Eiligst zogen sich diese in ihre Hauptstadt Breuna bor zurück, wohin ihnen die
Sachsen wegen der vielen Sümpfe nicht folgen konnten. Schon triumphierten die
Wenden. Plötzlich trat jedoch Frost ein, und Heinrichs Scharen drangen auf dem
Eise bis unter die Mauern der Stadt vor. Nach kurzer Belagerung mußten sich
die Wenden ergeben. Sie verpflichteten sich, Abgaben zu zahlen, und gelobten,
sich taufen zu lassen und Christen zu werden. Zu ihrer Bewachung gründete Heinrich
zwischen der Elbe, Havel und Spree die Nord mark und setzte einen Markgrafen
darüber. Diese Nordmark ist der Anfang des preußischen Staates geworden.
2. Albrecht der Bär. 1134 schenkte der Kaiser Lothar dem Grafen Albrecht
aus dem Hause der Anhaltiner die Nordmark. Zu seiner Zeit ließ sich der Wendenfürst
(Pribislaw) taufen. Da er kinderlos war, setzte er später Albrecht zum Erben seines
Landes ein. Von jetzt ab nannte sich Albrecht „Markgraf von Brandenburg".
Um aber die heidnischen Wenden für das Christentum zu gewinnen, mußte Albrecht
mehrmals mit dem Schwerte in der Hand gegen sie vorrücken. Ganz besonders war
es Jazzo, der Neffe Pribislaws, der die Wenden gegen Albrecht aufreizte. Endlich
aber wurde Jazzo an der Havel bei Potsdam besiegt, und nun war Albrecht Herr
des Landes bis zur Oder hin. Die Götzen der Heiden wurden vernichtet, ihre Tempel
aber in christliche Kirchen umgewandelt. Um das Land urbar zu machen, zog Albrecht
aus Holland und vom Rhein Ansiedler herbei. Diese legten Dörfer an, trockneten
Sümpfe aus und breiteten deutsche Sitten und christlichen Sinn im Lande aus.
3. Die Raubritter in der Mark. Ums Jahr 1400 etwa kam Brandenburg
an den Kaiser Sigismund. Da dieser oft in Geldnot war, so verpfändete er die
Mark an seinen Vetter Jobst in Mähren. Dieser war nur darauf bedacht, sich in
dem fremden Lande zu bereichern, und drückte die Unterthanen mit harten Steuern.
Auch ließ er sich nur alle Jahr einmal in der Mark sehen, um das zusammen-
gescharrte Geld in Empfang zu nehmen. Die Ritter aber versagten ihm den Gehor-
sam; sie wollten nur dem Kaiser Unterthan sein. Um ihre Freundschaft zu ge-
winnen, setzte er die beiden trotzigsten, Dietrich und Hans vonquitzow, zu
Statthaltern in der Mark ein. Jetzt hatten sie freies Spiel. Mit ihren Kriegsleuten
zogen sie von einer Stadt zur andern und plünderten überall, wo ihnen nicht große
Summen gezahlt wurden. Selbst Berlin gab ihnen Feste und Schmausereien, um
gegen ihre Einfälle gesichert zu sein. Der Bauer war weder seines Lebens noch
seines Eigentums sicher. Viele Ritter scheuten sich auch nicht, an der Landstraße
dem Kaufmanne aufzulauern und ihm seine Ware zu rauben. — (Ums Jahr
1356 wurde die Mark zu einem Kurfürstentum erhoben.)
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