1897 -
Bielefeld [u.a.]
: Velhagen & Klasing
- Autor: Kahnmeyer, Ludwig, Schulze, Hermann
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
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eine übe, sandige Gegend. Meilenweit erblickt man nur Heidekraut mit einzelnen
Wacholdersträuchen und verkrüppelten Kiefern dazwischen und hier und da un-
heimliche Sümpfe und Moore. In dem Heidekraute summen zahlreiche Bienen
und weiden kleine, schwärzliche Schafe, die sogenannten Heidschnucken. Wie kleine
Oasen ziehen sich durch die Heide liebliche Thäler. Ein Bächlein durchrieselt sie.
Mit ihren grünen Wiesen und schattigen Wäldern stechen sie recht wohlthuend
gegen die braune Heide ab. In solchen Thälern findet man zumeist die kleinen
Heidedörfer, deren strohbedeckte Häuser oft ganz im Grün alter Eichen versteckt
liegen. — In neuster Zeit werden große Flächen der Heide aufgeforstet.
3. Ostfriesland. Der nordwestliche Teil der Provinz heißt Ostfriesland.
Auf den fetten Marschwiesen weiden hier zahllose Kühe, von denen die weit und
breit bekannte ostfriesische Butter stammt. Die Hauptstadt dieses Landstrichs ist
Emden. In den Dollart mündet die Ems.
4. Die Torfmoore. Zu beiden Seiten der Ems dehnen sich gewaltige
Torfmoore ans. Da sieht man viele Meilen weit weder Baum noch Strauch,
oft auch weder Mensch noch Tier. Eine unheimliche Stille umgiebt uns. Im
Frühlinge aber erscheinen die anwohnenden Bauern mit der Hacke, lockern den
Torfboden auf und stecken ihn in Brand. Dichter Qualm verfinstert dann den
Horizont. Das ist der Höhenrauch, dessen Dunst zuweilen vom Winde bis zu
den Alpen getrieben wird. In die Asche sät der Bauer später Buchweizen.
Aber nur in den ersten 3—4 Jahren ist der Boden ertragsfähig, dann sinkt er
wieder in seinen Urzustand zurück. Stellenweise sucht man das Moor dadurch
fruchtbar zu machen, daß man den Tors absticht, den darunterliegenden Boden
aber düngt und mit fruchtbarer Erde vermischt. Hier entstehen dann nach und
nach Gärten und Felder, ja, selbst Dörfer und Städte.
5. In der Nordsee liegen die ostfriesischeu Inseln, von denen Borkum und
Norderney besuchte Seebäder sind. Zur Zeit der Ebbe ist das Land (Watt)
zwischen Norderney und dem Festlande fast trocken, so daß der Postwagen nach
der Insel hinüberfahren kann. (Zu Hannover gehört auch der Landstrich am
Jadebusen, der von Oldenburg an Preußen abgetreten und seitdem in einen
Kriegshafen umgewandelt ist.)
6. Gebirge. Den Süden der nördlichen Hälfte Hannovers durchziehen die
Wescrbcrge und der Teutoburger Wald. — In der kleinern Südhälste liegt
der Harz. (S. 53.)
7. Bergbau. Der Harz birgt in seinem Innern kostbare Schätze an Silber,
Kupfer, Eisen, Blei u. s. w. Darum wird auch im Harze viel Bergbau getrieben.
Die bekanntesten Bergstüdte sind Goslar, Klausthal und Zellerfeld. Sobald
die „Schicht" beginnt, wandern die Bergleute zum Schachte: „sie fahren an".
Mit dem dunkeln Grubenkittel und dem kurzen Lederschurz bekleidet, in der Linken
das Grubenlicht — so steigen sie mit einem fröhlichen „Glückauf!" in die Tiefe.
Unten im Bergwerke finden sich eine Menge Kreuz- und Quergänge, „Stollen"
genannt. Diese sind, damit sie nicht einstürzen, mit Brettern und Balken ver-
zimmert. Da unten ist die Luft feucht; aber der Bergmann ist daran gewöhnt.
Fröhlichen Mutes setzt er den Bohrer (Meißel) in das Gestein und klopft mit
dem Fäustel (Hammer) die Erzstücke los. Ein andrer sprengt die widerspenstigen
Felsen mit Dynamit oder Pulver, und der „Hundejunge" fährt im „Hunde"
(einem vierräderigen Karren) die Erze an den Eingang des Schachtes. Hier wird
das Erz in große Tonnen gethan, die dann mittels eines Gewindes in die Höhe
gehoben werden.
8. Die Hauptstüsse sind: Elbe, Weser (mit Aller und Leine) und Ems.
An der Leine liegen Hannover (210) und Göttingen.