1884 -
Braunschweig
: Wollermann
- Autor: Schulze, Hermann, Kahnmeyer, Ludwig
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Realienbuch, Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): offen für alle
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göttliche Gesandte an, doch stellte er sich selbst höher als beide. Als notwendige
Pflichten gebot er tägliches Waschen und Gebet, Fasten zu gewissen Zeiten, Almosen
für immer und Wallfahrt nach der Kaaba bei Mekka. (S. Geogr. Arabien.) „Gebet,"
sagte Muhamed, „führt auf halbem Wege dem Herrn entgegen, Fasten bislan die Thür
seines Hauses, Almosen öffnet seine Pforten, das Schwert aber, für die Sache des
Herrn gezogen, führt zur höchsten Glückseligkeit." Der Himmel hat 7 Stufen, über
der 7. liegt das Paradies. Schattenreiche Gärten mit wohlschmeckenden Früchten,
prächtige Kleider und Pferde, ausgesuchte Speisen und Getränke, eine Bedienung von
80000 Sklaven — das sind die Freuden, welche den frommen Muselmann erwarten.
Der Genuß des Weins und des Schweinefleisches ist den Muhamedanern verboten.
Als Tag der gemeinsamen Gottesverehrung wurde der Freitag eingesetzt. Die Lehren
Muhameds wurden nach seinem Tode in ein Buch niedergeschrieben, welches den Namen
Koran führt; die Lehre selbst heißt Islam, ihre Anhänger nennt man Muselmänner,
die Mönche Derwische, die Bethäuser Moscheen.
3. Ilucht. Muhamed offenbarte seine neue Lehre zunächst seiner Frau, seinem
Schwiegervater und noch elf andern Personen. Diese hingen ihm an. Bei den übrigen
Anverwandten und Stammesgenossen jedoch fand Muhamed bald den heftigsten
Widerstand. Sein Oheim, der ihn erzogen hatte, beschwor ihn mit Thränen in den
Augen, abzulassen von seiner neuen Lehre. Aber Muhamed sagte: „Legte man die
Sonne in meine Rechte und den Mond in meine Linke, ich könnte nicht schweigen."
Da verschworen sich 40 Priester, ihn zu erdolchen. Muhamed aber floh, um seinen
Feinden zu entgehen, von Mekka nach Medina 622. Mit diesem Jahre beginnen die
Muhamedaner ihre Zeitrechnung.
4. Ausbreitung der Lehre. Muhamed suchte nun seiner neuen Lehre mit deut
Schwerte Eingang zu verschaffen. „Das Schwert," sagte er, „ist der Schlüssel des Him-
melreichs. Wer in der Schlacht fällt, wird ein Fürst des Paradieses." Übrigens lehrte er
auch, was die Türken noch heutigen Tags glauben, daß niemand seinem Schicksale ent-
rinnen könne. Wer fallen solle, der falle auch fern von der Schlacht. Wen Allah erhalten
wolle, der dürfe sich dreist in die Schwerter der Feinde stürzen. Durch solche Verheißun-
gen wirkte Muhamed mit seiner Schar Wunder der Tapferkeit. Wie im Fluge eroberte
er ganz Arabien. Aber inmitten seiner Eroberungsplane starb er 632 infolge von Gift,
das ihm eine seiner Gemahlinnen beigebracht, um zu erfahren, ob er ein Sterblicher sei
oder nicht. Sein Leichnam wurde in einen eisernen Sarg gelegt und zu Medina in einer
rcichgcschmücktcn Moschee beigesetzt.
35. Wonifcrcius, -er Apostel der Deutschen. 755.
1. Herkunft. Sieben Jahrhunderte waren seit der Geburt Christi vergangen, und
noch lebte ein großer Teil des deutschen Volkes im finstern Heidentum. Um diese Zeit
kamen Boten aus Irland und England nach Deutschland, um hier das Evangelium
zu predigen. Unter diesen war Winfried, der später vvm Papste den Namen Boui--
facius d. i. Wohlthäter erhielt, der wichtigste. Er war von vornehmer Abkunft-
Seine Eltern hätten gern gesehen, wenn er einen Beruf erwählt hätte, der ihm Glanz
und Ansehn verschafft:. Er aber hatte schon als Knabe große Vorliebe für den geist^
lichen Stand und ging frühzeitig ins Kloster, um dann später Missionar zu werden.
2. Wei den Iriesen. Zuerst ging Bonifacius zu den Friesen, wo sein Lands-
mann Willibrord bereits als Missionar thätig war. Aber die Friesen, ein rohes, wildes
Volk, das sogar seinen Göttern Menschen opferte und am Strande des Meeres von den
Fluten verschlingen ließ, widerstanden eben so hartnäckig den Lehren Willibrords wie ihr
wilder König Radbod. Einmal schon war er jedoch im Begriff, sich taufen zu lassen; als
er aber bereits mit dem Fuße im Taufbecken stand, sagte er zu dem Geistlichen: „Du
sprichst mir von Himmel und Hölle. Sage mir, wo sind meine Vorfahren?" „In der
Hölle," antwortete der Geistliche, „denn sie haben sich nicht bekehrt." Da trat Radbod zu-
rück mit den Worten: „Dann will ich lieber mit meinen Vorfahren in der Hölle sein,
als mit den Christen im Himmel."