1884 -
Braunschweig
: Wollermann
- Autor: Schulze, Hermann, Kahnmeyer, Ludwig
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Realienbuch, Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): offen für alle
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chen, in welchem sich innerhalb 14 Tagen die Fliege entwickelt. Da in einem' Sommer
4—5 Bruten auskommen, so darf man sich über die große Anzahl der Fliegen im
Spätsommer nichl wundern. Es würden ihrer noch viel mehr sein, wenn nicht die
Singvögel Millionen von Maden und Fliegen verzehrten.
Zweiflügler: Stubenfliege, graue Fleischfliege, Rinderbremse, Mücke. — Sie haben
2 häutige, durchsichtige Vorderftügct, statt der Hinterflügel schwingkolben und einen Saug-
oder Stechrüssel.
69. Die grüne Keuschrecke.
1. Warne und Gestalt. Die Heuschrecke heißt in manchen Gegenden Graspferd,
Grashüpfer oder auch Heupferd. Zu der Bezeichnung „Pferd" ist das Tier durch seinen
Kopf getaugt, welcher mit seinen vortretenden Lastern etwas Ähnlichkeit mit einem gezäum-
ten Pserdekopfe hat. Derselbe trügt 2 Fühler, welche rückwärts gebogen sind und fast die
ganze Körperläuge erreichen. Da das Tier am liebsten auf der Wiese weilt, so erklären
sich daraus leicht die Zusätze „Gras" und „Heu." Den Namen „Hüpfer" verdient das
Tier im vollsten Maße, denn cs ist imstande, mit seinen langen Hinterbeinen Sprünge
zu machen, die das 50— loofache der eignen Leibeslange ausmachen. Den Namen „Heu-
schrecke" hat es von seinem Gezirpe, denn „schrecken" heißt so viel als schreien, schwirren,
knurren. Der Leib der Heuschrecke endigt mit einer Scheide, vermittelst welcher sie ihre
Eier in eine Erdhöhle legt. Die Oberflügel liegen im Zustande der Ruhe dachförmig und
bedecken die beiden häutigen, längsgefalteten Ünterflügel. Mit diesen allein vermag das
Tier zu fliegen und seine weiten Sprünge zu unterstützen.
2. Musik. An schönen Sommertagen zirpt und geigt es überall auf der Wiese
und im Gebüfch. Die Männchen der grünen Laubheuschrecke haben nämlich auf ih-
rem rechten Flügel ein tamburinartiges Instrument. Das ist eine ausgespannte Haut,
welche von hervorspringenden Adern eingefaßt und unter dem Namen „Spiegel" be-
kannt ist. Indem sie nun mit einer querliegenden, rauhen Ader des linken Flügels
über die vorspringenden Ränder jenes Instruments hinwegstreichen, entsteht der schrille,
zirpende Ton. So bringt auch das Heimchen seinen schrillenden Ton durch das Rei-
den der starkgeaderten Flügeldecken übereinander hervor, wobei es beliebig mit der
rechten und linken Flügeldecke abwechseln kann. Bei der grauen Feldheuschrecke sind
die Flügeldecken mit vielen Längsadern versehen, von denen eine besonders kantig
hervortritt. Diese Kante streicht das Männchen mit den scharfen, gezähnten Hinter-
schenkeln, wie ein Geigenspieler mit dem Bogen die Saiten. Dadurch werden die Flü-
gelhäute in Schwingungen versetzt und geben einen schrillen, zirpenden Ton von sich.
3. Vermehrung. Im August legt das Weibchen die Eier in kleinen Klümpchen
an Gras- und andre Pflanzenstengel oder schiebt sie unter die Erde. Damit dieselben
während des Wmters keinen Schaden leiden, überzieht sie das Tier mit Schleim.
Dann stirbt das Insekt. Aus den Eiern entwickeln sich im nächsten Frühjahre kleine,
Zügellose Tiere, die sich mehrmals häuten und bis zum August vollständig ausge-
wachsen sind. In warmen Sommern vermehren sie sich sehr stark; kaltes, regnerisches
Wetter dagegen vernichtet die junge Brut. In manchen Jahren erscheinen sie in sol-
cher Zahl, daß sie zur größten Landplage werden.
4. Zie Wanderheuschrecken kommen besonders im südlichen Asien, im nördlichen
Afrika, in Südrußland, Spanien und Frankreich vor. In Deutschland haben sie sich
nur selten sehen lassen. Sie ziehen gewöhnlich in solcher Zahl heran, daß sie gleich
Wolken die Sonne verfinstern. Wo sie niederfallen, da ist in kurzer Zeit Laub, Gras
und Kraut vernichtet. Die Landleute ziehen dann sänitlich hinaus und zünden große
8euer um ihre Feldmark herum an, um durch den Rauch den nahenden Schwarm
abzuhalten. Auch durch Lärmen, Trommeln, Pfeifen, Tücherschwenken sucht man die
bösen Gäste zu vertreiben; oft ist jedoch alle Mühe vergebens. Zuweilen bedecken sie
das Land, als wäre ein schwarzer Mantel darüber gebreitet. Dann zieht man große
balzen oder Dornschleifen über sie hinweg und sucht sie dadurch zu töten; denn die
dritte ist doch nicht mehr zu retten. In Afrika rösten die Eingebornen die Heuschrecken