1912 -
Danzig
: Kasemann
- Autor: ,
- Hrsg.: Gehrke, Paul, Schwandt, Wilhelm, Preuß, H., Hecker, Robert
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Schule, Seminar, Präparandanstalt, Mittelschule, Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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die Mannigfaltigkeit im Gestühl und der ringsherum laufende Kranz mit
bildgeschmückten Emporen anst als wertvolle Bereicherungen des älteren
Kirchenbau-Programms. So hat jeder Kreis, jedes Dekanat seine Besonder-
heit; eine selbständige Gruppe bilden z. B. auch die vielen kleinen Kirchen
des Kreises Dt. Krone, die sich durch einen sehr bescheidenen, aber doch
anheimelnden Ausbau kennzeichnen.
Auffallend ist der Mangel an Epitaphien und Grabsteinen in den west-
preußischen Dorfkirchen; im Vergleich zu den Nachbarprovinzen ist der
Bestand an solchen Stücken sehr dürftig. Nur die Niederungskirchen haben
den sinnigen Schmuck der Totenschilder wenigstens seit der Zeit etwa vom
Jahre 1750 an. Orgeln sind in allen größeren Dorfkirchen schon in sehr
früher Zeit nachweisbar, soweit uns alte Visitations-Protokolle Aufschluß
geben. Ihr Platz war rechts vom Altar an der Längswand, entweder über
der Sakristei oder einer Vorhalle. Erst im 17. Jahrhundert begann man
hierfür besondere Chöre an der Westwand, gegenüber dem Altar, einzubauen
und darauf kleinere Positive oder größere Orgelwerke mit reich geschnitztem
Prospekte aufzustellen.
Eine jede Dorfkirche hat ihr eigenes Geläut, sei es im Turm oder im
niedrigen Glockenstuhl. Wie in der ganzen Christenheit, ruft auch bei uns
die Glocke zur Andacht, sie mahnt die Säumigen und tröstet die, welche
fern bleiben müssen. Die reiche Klangwirkung, welche in engen Gebirgs-
tälern entsteht, fehlt uns, und doch ist der Glockenklang auch bei uns schön
und erhebend. Wohl kein Wanderer, der eine Kirche besichtigt, wird es
versäumen, den Turm zu besteigen und die Glocken zu betrachten, die so
viel von der Heimatgeschichte zu erzählen wissen. Die ältesten Glocken
finden wir in Deutsch Brzozie (Kr. Löbau), in Bischöflich-Papau und in
Damerau (Kr. Flatow). Sodann finden wir zahlreiche Glocken, die in den
Werkstätten des Deutschen Ordens, zu Marienburg und zu Danzig gegossen
sind, und die deshalb auch das Hochmeisterwappen tragen, so in Gorrenschin,
Gr. Zünder, Mielenz u. a. Daneben müssen noch andere Werkstätten be-
standen haben oder herumziehende Gießer tätig gewesen sein. Glocken mit
der Inschrift o rex glorie Christe veni cum pace (O König der Ehren,
Christus, komm zu uns in Frieden) oder ave maria gracia plena sind
recht häufig. Die Plünderungen im Jahre 1414 und im Städtekriege 1454
bis 1466 haben viele alte Glocken zerstört und damit zu neuen Güssen
Anlaß gegeben; die damaligen Glockengießer, um 1500, haben ihren Werken
besonders schönen Klang und fein modellierten Schmuck zu geben gewußt,
so um ein Beispiel herauszugreifen der Meister der großen Glocke zu
Fischau (Kr. Marienburg). Die Inschriften werden jetzt allmählich deutsch,
so: „in di ere gvtis marien aller Hilgen im 1494 iare" oder „Jhesus nascrenus
en Kanick der iuden derbarme di aver uns." Unübersehbar wird dann die
große Zahl der im 16., 17. und 16. Jahrhundert entstandenen Glocken und
entsprechend groß auch die Zahl der Gießhütten. Im Norden der Provinz
beherrschten die Familien Benninck und dann Wittwerck zu Danzig mehrere
Generationen hindurch den Markt; nicht so bedeutend sind Michael Dormann
und die Mitglieder der Familie Herbst zu Elbing. Thorn tritt in dieser
Hinsicht weniger in den Vordergrund. Im Westen der Provinz waren der
Pommer Joachim Karstedt und der Lothringer Franz Dubois zu Pr. Fried-
land vielbeschäftigte Meister. Etwas Seltsames ist es, wenn wir in Kunzen-