1912 -
Danzig
: Kasemann
- Autor: ,
- Hrsg.: Gehrke, Paul, Schwandt, Wilhelm, Preuß, H., Hecker, Robert
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Schule, Seminar, Präparandanstalt, Mittelschule, Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Vorher ist erwähnt worden, daß die Landwirte sich auch mit großer
Energie auf die Verbesserung der Viehzucht gelegt hatten. In erster Linie
wurde das Rindvieh verbessert, man war bestrebt, große, wohlgeformte
Ochsen aufzuziehen, und dabei die wertvolle Schlempe als Mastfutter zu ver-
werten. In wenigen Jahrzehnten hatte man in den Mastställen eigen ganz
anderen Eindruck als früher. Es waren wohlgebaute Tiere vorhanden,
welche bei guter Fütterung reichlich Fleisch angesetzt hatten, und man konnte
von Fleischern und Händlern, welche die Provinz bereisten, um zu wissen,
wo sie später gutes Mastvieh kaufen konnten, gelegentlich hören, daß hier
in der Provinz große Fortschritte in bezug auf die Mastwirtschaft erzielt
waren. Es dauerte nicht lange, so wandte man sich auch der Schafzucht
zu, und auf diesem Gebiete fand man vortreffliche Vorbilder und Lehrmeister
in Schlesien. Dort war die Zucht von Herden, die nicht blos reichliche,
sondern auch feine Wolle hergaben, schon früh eingeführt. Die einzelnen
Wollhaare sollten so dünn als möglich sein, weil sich dann die feinsten und
wertvollsten Gewebe daraus herstellen ließen. Nicht blos auf die Feinheit,
sondern auch auf die Ausgeglichenheit wurde großer Wert gelegt, d. h. die
Schafe sollten möglichst auf allen Körperteilen gleichmäßig feine Wolle
tragen. Bei den nicht sachgemäß gezüchteten Tieren fand man meistens über
den Rippen die feinste Wolle, in der Nähe des Schwanzes und auf dem
Bauch die gröbste. Es fand sich eine Zahl von Männern, welche ein förm-
liches Studium aus dieser Frage machten, und die Verhältnisse, unter welchen
die verschiedenen Arten von Wollqualitäten hervorgerufen werden könnten,
zu ergründen suchten. Aus diesen Männern bildete sich ein besonderes Ge-
werbe, sie erboten sich, ihre Kenntnisse bei der Zucht in einzelnen Herden
zu verwerten, und übernahmen die Leitung der Zucht, wurden von Besitzern
größerer Herden als „Züchter" oder Schäferei-Direktoren, oft gegen Ge-
währung einer bedeutenden Tantieme angestellt und haben zweifellos zur
Verbesserung der Wollzucht Erhebliches beigetragen Sie übernahmen die
Pflicht, sich in Gegenden, wo die Wollzucht gute Fortschritte gemacht hatte,
zu orientieren, und aus guten Herden geeignete Zuchtböcke zu kaufen. Die
Zucht feiner Wolle wurde seit alter Zeit in Spanien getrieben, und von
dort her stammt auch der Name des besonders in Schlesien beliebt gewor-
denen „Elektoral"-Stammes, welcher dafür berühmt war, das allerfeinste
Wollhaar zu liefern. Nun wurde durch die Sachverständigen festgestellt,
daß dies keineswegs unter allen Umständen das eigentliche Ziel der Zucht
sein dürfe, denn man bemerkte, daß bei Tieren, welche die feinste Wolle
lieferten, Mängel im Körperbau eintraten; sie wurden vielfach feinknochig,
die Hinterbeine enggestellt, und man konnte von ihnen keine kräftigen Sta-
turen erwarten. Auf letztere wurde aber großer Wert gelegt, nun tat auch
die Mode das ihrige dazu, und die „Negretti" wurden beliebt, eine neue
Rasse, welche sich durch kräftigen Körperbau und etwas gröbere Wolle
auszeichnete, ein Mangel, den man durch richtige Zucht verbessern zu
können hoffte. Dann kam etwa in den 1840er Jahren wieder eine neue
Rasse in Aufnahme, welche aus Frankreich stammte, und nach der Schäferei,
in welcher sie schon längere Zeit gezüchtet war, „Rambouillet" benannt
wurde. Diese Tiere zeichneten sich durch große, gutgebaute Körper und eine
zwar etwas gröbere, aber gleichmäßige Wolle aus, während manche aber
auch einen feineren Charakter besaßen. Von diesen Tieren wurde eine große