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1. Heimatkundliches Lesebuch - S. 261

1912 - Danzig : Kasemann
261 Eine Hauptschwierigkeit für die östliche Industrie bietet die Arbeiter- frage. Von vielen Seiten ertönen Klagen über Mangel an brauchbaren Arbeitskräften, namentlich in denjenigen Industriezweigen, in denen eine größere Geschicklichkeit und Zuverlässigkeit der Arbeiter verlangt wird. Dazu steckt noch ein gutes Stück Nomadentum im östlichen Arbeiter: er wechselt gern die Arbeitsstätte, und zwar lediglich ans Liebe zur Veränderung. Wird er sich seiner Leistungsfähigkeit bewußt, so läßt er sich leicht dazu bestimmen, nach dem industriellen Westen mit seinen höheren Löhnen abzuwandern (Sachsengünger.) So sieht denn die östliche Industrie zahlreiche Arbeiter, die sie ausgebildet hat, nach dem Westen ziehen. Ersatz für die Abgewan- derten findet sie nur in den heimischen, minder tüchtigen Arbeitskräften. Diese muß sie mit großer Mühe für ihre Zwecke heranbilden, um später diejenigen von ihnen, die etwas Ordentliches gelernt haben, an die westliche Industrie abzugeben. Sehr mißlich ist für die östliche Industrie die Be- schränktheit ihres Absatzgebietes; sie hat kein Hinterland. Der Bedarf der östlichen Provinzen an industriellen Erzeugnissen genügt, vorläustg wenigstens, nicht für eine Produktion großen Stiles. Die geringe Dichtigkeit der Be- völkerung, die Anspruchslosigkeit, vor allem auch die geringe Kaufkraft weiter Kreise, eine gewisse Scheu vor Neuanschaffungen und Neueinrichtungen, das sind alles Dinge, die den Verbrauch von Jndustrieerzeugnissen wesentlich herabsetzen. Endlich hat die östliche Industrie unter der Mangelhastigkeit des Ver- kehrswesens sehr zu leiden. Große Gebiete, die reiche Holzbestände oder industriell verwertbare Steine und Erden aufweisen, harren noch der Aus- schließung durch Eisenbahnen. Dazu kommt, daß das Reisen im Osten wegen der Langsamkeit der Züge und wegen der seltenen Fahrgelegenheiten und mangelhaften Anschlüsse aus manchen Nebenbahnstrecken mit erheblichem Zeit- aufwand verknüpft ist. Freilich muß anerkannt werden, daß das östliche Eisenbahnwesen während des letzten Jahrzehnts beträchtliche Fortschritte gemacht hat. Auch die Beschaffenheit der östlichen Wafserstraßen, so der Weichfel, des Memelstromes, des Pregels, der Nogat und der Warthe, läßt viel zu wünschen übrig. Leider wird die Wirkung der umfangreichen Maß- nahmen, welche die preußische Staatsregierung zur Verbesfernng des Fahr- wassers der Weichsel trifft, vielfach dadurch vereitelt, daß die russische Regierung nichts für die Regulierung des Stromes tut. Trotz alledem regt sich in der Provinz Westpreußen ein viel größerer Gewerbfleiß, als man gewöhnlich annimmt. Namentlich in den drei letzten Jahrzehnten sind hier zahlreiche neue industrielle Anlagen entstanden, darunter manche, die aus höhere Beachtung Anspruch erheben dürfen. Um die einzelnen Industriezweige der Prvvinz zu erwähnen, so steht an erster Stelle die Holz- industrie. Hierher gehören außer den zahlreichen Sägemühlen, die über das ganze Land verstreut sind, die sonstigen Holzbearbeitungsanstalten, wie Möbelfabriken, Fabriken von Bau- und Möbelleisten, Türen, Fenstern, Bilder- rahmen usw. Es folgt die Metallindustrie mit Werkstätten der Bau- und Kunstschlosserei, ferner Gießereien, Fabriken für die Herstellung von Dampfkesseln, Dampfmaschinen und sonstigen Maschinen, insbesondere Ma- schinen und Geräten für die Landwirtschaft, von Apparaten für Brauereien und Brennereien. Zu erwähnen sind des weiteren eine Automobilfabrik, eine Waggonfabrik, eine Schrauben-, Muttern- und Nietenfabrik, eine
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