1912 -
Danzig
: Kasemann
- Autor: ,
- Hrsg.: Gehrke, Paul, Schwandt, Wilhelm, Preuß, H., Hecker, Robert
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Schule, Seminar, Präparandanstalt, Mittelschule, Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Die Stuhlfabrik in Gossentin, Kr. Neustadt Wpr.
Die im Jahre 1899 gegründete Fabrik wurde, als sie nach mancherlei
Fährnissen eben in das Stadium glücklichen Gedeihens getreten war, am
31. Oktober 1907 durch ein Schadenfeuer so gut wie vernichtet. Es ist ein
Beweis für die solide Basis der Fabrik, daß diese trotz erheblichen Schadens
größer und in allen Einzelheiten vollkommener neu entstanden ist. Schon
unmittelbar nach dem Brande wurde das vom Feuer verschont gebliebene
Sägewerk als provisorische Stuhlfabrik eingerichtet: und durch Tag- und
Nachtbetrieb ermöglichte die Leitung es, in den beschränkten Räumen etwa
zwei Drittel der früheren Produktion herzustellen. Der Wiederaufbau der
neuen Fabrik wurde alsbald nach dern Brande in Angriff genommen, sodaß
bereits im Oktober 1908 die neue Fabrik der Hauptsache nach in Benutzung
genommen werden konnte. Um welche bedeutende Anlage es sich handelt,
erhellt daraus, daß die Fabrik auf einem Areal von 15 Hektar bei
7200 Qu.-Mtr. bebauter Fläche für die Stuhlfabrik und 4200 Qu.-Mtr.
für das Sägewerk eine Jahresproduktion von 360 000 Stühlen, d. i. etwa
1200 Stühle pro Arbeitstag hergestellt hat, ja 500 000 Stühle pro Jahr
mit den vorhandenen Einrichtungen herzustellen in der Lage ist.
Es ist hier nicht angängig, den Betrieb in seinen Einzelheiten zu be-
schreiben, zumal eine Fülle von Maschinen, insbesondere von Holzbearbeitungs-
maschinen, dabei mittätig ist, deren staunenerregende Wirksamkeiten nur die
eigene Anschauung erfassen läßt.
Nur einige allgemeine Gesichtspunkte mögen hier Erwähnung finden, die
Zeugnis für die Gesundheit des Goßlerschen Gedankens abgeben, der einer
westpreußischen Industrie Glück und Gedeihen versprach und ebnete, aber
auch für den Geist, in dem das Unternehmen geführt wird. Bleibt doch
jährlich ein Kapital von 8—900000 Mk. in Form von Löhnen aller Art
und Ankäufen für Rohmaterialien aus der Umgegend im Neustädter Kreise.
Die Fabrikation ist durch Teilung der Arbeit bis in die kleinsten Einzel-
heiten hinein so eingerichtet, daß Arbeiter jeder Art ohne handwerkliche Vor-
kenntnis in wenigen Tagen so leistungsfähig werden, daß kein gelernter
Arbeiter sie zu übertreffen vermag.
So sind von den 630 in der Fabrik tätigen Kräften nur zirka 40 als
Werkmeister und Vorarbeiter wirklich Facharbeiter. Als eine vortreffliche
Neuerung, die der Fabrik jährlich etwa 40 000 Mk. erspart, verdient die
Einrichtung Erwähnung, daß außer dem Holze sämtliche Fabrikations-
materialien, wie z. B. Leim, Spiritus, Papier, Jute, Flechtrohr, Bind-
faden von den Arbeitern gekauft werden müssen und ihnen mit der ab-
gelieferten Arbeit vergütet werden. Da so die Arbeiter ein Interesse an
sparsamer Verwaltung ihrer Materialien haben, wird der Vergeudung
wirksam Einhalt getan. Sehr interessant sind die Heizungsanlagen. Schon
früher wurden natürlich die Holzabfülle zur Heizung mit verwertet, doch
war immerhin der Kohlenbedarf recht erheblich. Mit rationelleren Kesseln
mit Überhitzungseinrichtung werden die Holzabfälle, die durch Transport-
und Absaugeanlagen zum Kesselhause befördert werden, direkt vergast, so