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1. Heimatkundliches Lesebuch - S. 376

1912 - Danzig : Kasemann
nie verlangt worden; auch enthielten diese sich — wiederum ähnlich wie bei den alten Markgrafen — jeglichen Eingriffs in die äußere Politik des Ordens. Nicht so klar basiert und darum auch nicht frei von Reibungen war das Verhältnis der Ordensregierung zu der anderen höchsten Gewalt der Christenheit, dem römischen Stuhl und den geistlichen Machthabern. Gleich nachdem der Orden die ersten Eroberungen in Preußen gemacht hatte, beeilte sich der Papst, die geschehenen und künftigen Neuerwerbungen der deutschen Ritter nicht nur unter den Schutz, sondern 'ausdrücklich in das Eigentum des apostolischen Stuhles zu nehmen. Alle die Kon- flikte, die der Orden in der Folge- zeit mit der Kurie durchzufechten hatte — mit dem Preußenbischof Christian, dem römischen Stuhl, dem Erzbischof von Riga u. a. —- gehören letzten Endes zu dem großen Kampf, der dem ganzen Mittelalter sein Gepräge aufdrückt und bis heute fortdauert: dem Kampf zwischen der römischen Kirche und der staatlichen Ge- walt, die in diesem Fall — selt- sam genug — durch wenigstens scheinbar geistliche Institutionen, die Ritterorden, vertreten wird. Die schärfsten Formen, gesteigert bis zu offener Gewalttat, nahm der Kampf in Livland an, denn hier hatte der Deutsche Orden mit der Übernahme der Besitzungen des Schwertbrüderordens (1237) ein ihm höchst unbequemes Erbe an- treten müssen: die Abhängigkeit von der bischöflichen Gewalt; sie ging darauf zurück, daß der Schwert- orden eine Schöpfung des ersten Bischofs von Riga, Albert, war. Schon die Schwertbrüder hatten unaufhörlich mit dem Bischof erbittert um Land und Vorrechte gehadert, trotz zeitweiligen Zusammengehens unter dem Zwange der gemeinsamen Gefahr. Die Orden strebten nach landesherrlicher Unabhängigkeit, und der römischen Kirche mußte und muß noch heute jede Regung von Erstarkung zu staatlicher Selbständigkeit als ein Angriff ans ihr innerstes Wesen (uneingeschränkte Beherrschung der christlichen Welt) erscheinen. Teilungen und Vereinbarungen aller Art zwischen Orden und Kurie beseitigten nicht die unzähligen Reibungsflächen; und doch konnten beide der gegen- seitigen Unterstützung nicht entbehren: die Kirche brauchte die Kraft der Orden zur Ausdehnung ihres Herrschaftsgebiets, die Orden das Ansehen der kirchlichen Gewalt zur Förderung ihrer Interessen und zum Aufbringen der
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