Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Heimatkundliches Lesebuch - S. 443

1912 - Danzig : Kasemann
443 Kloster an der Marienkirche wurde durch den regierenden Bürgermeister Johann Stroband (1568) in ein Gymnasium umgewandelt. Inzwischen hatten sich unter den polnischen Großen wiederholt Be- strebungen geltend gemacht, dem preußischen Schutzlande seine verbrieften Sonderrechte zu entziehen und es ganz dem polnischen Reiche einzuverleiben. Hierzu kamen die kirchlichen Streitigkeiten, die die Gegensätze immer mehr verschärften. Zwar hatte der letzte Jagellone Sigismund Ii. August (1546 bis 1572) der Stadt schon im Jahre 1558 durch ein Privilegium freie Religionsübung zugesichert, doch brachte bald darauf der kulmische Bischof teils mit List, teils mit Gewalt die Jesuiten in die Stadt, denen am 21. Juni 1596 die Pfarrkirche zu St. Johann als Kirche der katholischen Gemeinde der Altstadt verliehen wurde, und diese ließen den Streit nicht mehr ruhen. Diesem letzten Jagellonen Sigismund August gelang es, die bisher hartnäckig gewahrte Selbständigkeit Westpreußens zu brechen, indem er die Vereinigung des preußischen Landtages mit dem polnischen Landtage durch- setzte; nur die größeren Städte der Provinz behaupteten ihre alten Freiheiten und ihre selbständige Verwaltung. Wie machtlos und jeder Willkür aus- gesetzt aber auch diese Städte waren, geht daraus hervor, daß er entgegen allem Recht der Stadt Thorn im Jahre 1569 die Birglauer Güter und Dörfer als ehemalige Krongüter durch den polnischen Adligen Olieski abnehmen ließ und dieselben nach zwei Jahren gleich willkürlich gegen 24 000 Gulden wieder znrückgewährte. Dieser Handel kostete der Stadt viele Aufregungen und durch Gesandtschaften und Geldgeschenke große Geld- summen. Nach dem Aussterben der Jagellonen wurde Polen ein Wahlreich, infolge davon wurden die Rechte der Krone immer mehr beschränkt und Zwistigkeiten und Parteihader bei jeder Neuwahl unausbleiblich, so daß Rechtsunsicherheit und Willkür erschreckend zunahmen. Der Zusammenhang wurde immer lockerer und löste sich schließlich in vollständige Anarchie auf, als schließlich ein Gesetz Zustande kam, wonach der Widerspruch eines einzigen Landboten die Beschlüsse aller übrigen umstoßen konnte. Die Stadt Thorn hatte darunter hauptsächlich erst in der Folge zu leiden und erfreute sich fast bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts bei einer Einwohnerzahl von 25 000 bis 30 000 Seelen eines erheblichen Wohlstandes. Ein sicheres Zeichen desselben ist wohl der Umstand, daß der kunstsinnige Bürgermeister Heinrich Stroband in den Jahren 1603—1604 dem Rathaus ein Stockwerk aufsetzen ließ und dasselbe mit zierlichen Giebeln und Eck- türmen in reicher Sandsteinarchitektur versah. Bald aber wurde die Stadt bei den fast nach jeder Königswahl statt- findenden Kriegen infolge ihrer Lage an den Hauptverkehrsstraßen in Mit- leidenschaft gezogen und so ihres Wohlstandes beraubt. So wurde sie im Jahre 1629 von den Schweden unter Feldmarschall Wrangel belagert, die aber von der Bürgerschaft und nur 300 Milizsoldaten unter Oberst von Rosen und dem regierenden Bürgermeister Preuß in dreitägigem harten Kampfe zurückgeschlagen wurden und sich zurückziehen mußten, nachdem sie die Vor- städte und Mocker arg verwüstet hatten. Die Vorstädte vom Altthorner Tor bis zum Schloß waren auf Befehl des Rates in Brand gesteckt, um ein Festsetzen des Feindes zu verhindern.
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer