1. Sagen
- S. 49
1912 -
Berlin
: Oehmigke
- Autor: Nohl, Walther
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Brandenburg
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
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40. Rotmützeken.
Bei einem Reetzer Fischer im Oderbruch vermietete sich einst
ein Knecht, der immer eine rote Mütze trug, weshalb er im Dorf
„Rotmützeken" genannt wurde. Alle Sonntage, wenn die andern
Leute zur Kirche gingen, stieg er auf den Stallboden, wo allerlei
kleine Männer, die „Unnererdschken", zu ihm kamen und Spiel
und Lärm und lautes Lachen mit ihm vollführten. Wenn dann
die Hausleute aus der Kirche zurückkehrten, kam „Rotmützeken"
wieder vom Stallboden herunter und war munter und guter
Dinge. Das dauerte eine ganze Zeit, wohl über Jahr und Tag.
Eines Sonntags, es war am Sonntag nach Weihnachten,
stieg er auch wieder auf den Stallboden, während die andern
zur Kirche waren, und das Lärmen und Poltern und Lachen
nahm wieder feinen Anfang wie früher, nur viel wilder und
lauter. So ging es wohl eine Stunde. Als aber der Prediger
auf der Kanzel eben Amen gesagt hatte, da gab es einen Knall,
der die Kirche und alle Häuser im Dorf erschütterte, und als die
Leute nach Hause stürzten, fanden sie die Stallbodentür weit
auf die Straße geschleudert, Rotmützeken aber an einem Kreuz-
balken erhängt. Sie begruben ihn in einer Ecke des Kirchhofs.
Er hatte aber nicht Ruh im Grabe. Immer in der Sonntags-
nacht nach Weihnachten erschien er auf dem Kirchhof, und die
Hirten, die damals (wo im Sommer das Bruch unter Wasser
stand) oft noch um die Weihnachtszeit ihr Vieh auf die Weide
trieben, sahen ihn dann, wie er auf dem bretternen Kirchhofs-
zaun saß und mit dem Kopfe schüttelte. Er war dürr wie ein
Skelett; aber er trug immer noch die rote Mütze. Daran hatten
sie auch erkannt, daß es kein anderer sein konnte als „Rotmützeken".
Theodor Fontane (Oderland).
41. Gründung des Klosters Lehnin.
1. Dem Markgrafen Otto, dem Sohn Albrechts des Bären,
diente Wußo. Der war früher ein wilder Heide gewesen und
hatte gedürstet nach dem Blute der Fremden, die eine fremde
Sitte und einen fremden Gott in das Land seiner Väter ein-
führen wollten. Einst war er mit dem Markgrafen in der Um-
gebung Brandenburgs zur Jagd ausgeritten, und sie waren in.
No hl. Unsere Mark Brandenburg. I. Teil. 4