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1. Die weite Welt - S. 109

1882 - Leipzig : Klinkhardt
109 ohne eine Summe von 100 Dukaten beizustecken, die im Laufe des Tages an Arme oder Leidende gespendet wurden. — Josef liebte sein Volk und wünschte, von ihm geliebt zu werden. So öffnete er den bis- her nur dem Adel zugänglichen Augarten allem Volke zur Belustigung, und als die adeligen Herren sich beklagten, dass sie nun nirgends mehr ein Plätzchen hätten, wo sie ganz ungestört unter sich sein könnten, erwiderte Josef: „Wenn ich immer nur unter meines gleichen leben wollte, so müsste ich in die Kapuzinergruft hinabsteigen, wo meine toten Ahnen ruhen.“ 2. Nach dem Frieden, welcher im Jahre 1763 zu Hubertusburg geschlossen worden war, standen die Beherrscher der österreichischen und preussischen Monarchie in einem sein’ freundlichen Vernehmen. Josef, welcher nach seines Vaters (des Kaisers Franz I.) Tode von seiner Mutter (Maria Theresia) zum Mitregenten angenommen worden war, beschloss bald darauf, den einst so furchtbaren Gegner derselben zu besuchen. Friedrich hatte in der Gegend der Festung Neifse in Schle- sien ein Lustlager veranstaltet und erwartete hier die Ankunft des Kaisers. Dieser traf in der Begleitung zweier seiner berühmtesten Ge- nerale ein, des Generals Laudon und Lascy. Friedrich bewillkommnete ihn mit den Worten: „Dies ist der glücklichste Tag meines Lebens!“ und der Kaiser erwiderte: „Nun sind alle meine Wünsche erfüllt!“ Es war ein rührendes Schauspiel für alle Anwesenden, die zwei mächtigsten Fürsten Deutschlands, welche sich so lange feindlich gegenüber gestan- den hatten, in so friedlichem und freundschaftlichem Vernehmen zu sehen. Wenn der Bulim, den Friedrich sich durch seine glücklich geführten Kriege, durch die Trefflichkeit seiner Staatsverwaltung, durch die Kraft seines Geistes erworben hatte, in der Brust des noch jugendlichen Kaisers Gefühle der Ehrfurcht und Bewunderung für den ergrauten Preussen- könig erwecken musste, so fühlte sich dagegen Friedrich von der liebens- würdigen Bescheidenheit und dem Edelmute des kaiserlichen Gastes mächtig angezogen. Als der König dem Kaiser den Vortritt lassen wollte, sagte diesör mit der ihm eigentümlichen Bescheidenheit: „Das Alter geht vor; der Sohn muss sich nie über die Verdienste seines Vaters erheben wollen.“ So sprach der mächtigste Fürst von Europa. Friedrich freute sich, auch mit dem Helden Laudon zusammenzutreffen, der ihm so viel Schaden zugefügt hatte, und er behandelte ihn mit der grössten Achtung. So wissen wahrhaft grosse Männer auch an ihrem Feinde das Gute zu schätzen. Die beiden Fürsten verliessen einander, erfüllt von gegenseitiger Bewunderung. 3. In Ungarn betrachtete Josef einst aufmerksam einen gefangenen Gassenkehrer, der ein schöner, alter Mann war. „Warum arbeitet Ihr in Eisen?“ fragte er ihn. — „ „Ich schlug vor meinem Hause einen Hasen tot.““ — „Was habt Ihr sonst verbrochen?“ -— „„Nichts.““ — „Sonst nichts?“ — „„Nein, gnädigster Herr!““ — „Wer ist Euer Oberer? Ich will für Euch bitten.“ — „„0 nein, Euer Gnaden, nur das nicht. Es bat schon einmal ein vornehmer Herr für mich, und das hat
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