1882 -
Leipzig
: Klinkhardt
- Autor: Jütting, Wübbe Ulrich, Weber, Hugo
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch, Lesebuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Vier- bis sechsklassige Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltkunde
und bei Geistlichen allmählich häufiger, während sich die Rüstigen beiderlei
Geschlechts noch immer lieber der Pferde bedienten. Um 1550 kamen von
Ungarn her die aus dem Morgenlande stammenden Arben nach Deutschland,
wo sie Gutschen (Kutschen) genannt wurden. Man hielt es jedoch für eine
unmännliche Weichlichkeit, dieser Fuhrwerke sich zu bedienen, und der Herzog
Julius von Braunschweig verbot 1588 geradezu den Gebrauch derselben,
weil dadurch „die männliche Tugend, Redlich-, Tapfer-, Ehrbar- und
Standhaftigkeit" deutscher Nation beeinträchtigt würde und „das Gutschen-
fahren gleich dem Faulenzen und Bärenhäutern" wäre. Die Anfänge des
deutschen Postwesens sind die „Briefställe" und „Reitposten", welche der
deutsche Orden zu Ende des 14. Jahrhunderts in Preußen einrichtete.
Auch die Hansa hatte Posten und zwar bereits Fahrposten. Im Jahre
1516 richtete auf Befehl Maximilians I. Franz von Thurn und Taxis
den ersten regelmäßigen Postkurs zwischen Brüssel und Wien ein. Nach
diesem Vorbilde kamen dann in verschiedenen Reichsländern — das Reichs-
oberpostamt war seit 1545 beim Hause Taxis — Posten auf, die seit der
Mitte des 17. Jahrhunderts auch die Beförderung von Personen zu über-
nehmen anfingen. Doch war bis ins 18. Jahrhundert der Personentrans-
port um so mehr Nebensache, als die meisten Reisenden anstanden, ihre
gesunden Glieder den Postwagen anzuvertrauen. Einen erfreulichen
Wendepunkt im deutschen Postwesen bezeichnet erst die Einrichtung der
Eilwagenkurse von 1824 an. Wer den Gang der Taxisschen „Post-
schnecke", von welcher Börne eine so köstliche Beschreibung geliefert, noch
miterlebte, hat gewiß seine erste Eilwagenreise mit großer Befriedigung
gemacht. I. Scherr.
48. Der Bruder Redner.
Auch in das Steinthal im Elsaß, wo damals der selige Ob erlin
als Pfarrer in vollem Segen wirkte, kam in den Schreckenszeiten
der französischen Revolution der Befehl der Regierung: die gewöhnliche
gottesdienstliche Feier solle aufhören, die Steinthaler sollten sich einen
Präsidenten wählen, dieser einen Bruder Redner ernennen, und dann
sollten zu gewissen Tagen Versammlungen gehalten werden, bei
denen der Bruder Redner gegen die Tyrannen sprechen und mit der
Gemeinde sich über die Mittel beraten solle, die Tyrannen abzu-
schaffen. Selbst im Steinthale fehlte es nun damals nicht an einzel-
nen solchen, denen diese neue Sache gar verführerisch, neu und anlockend
vorkam und die auch gern das mit- und nachgemacht hätten, was
die große Nation ihnen vormachte.
Der Pfarrer Oberlin ließ mithin seine Gemeine unter der Linde
zusammenkommen. Er las ihr das eingegangene Schreiben vor und
fügte hinzu: das sei Befehl ihrer welschen (so nannte man im Stein-
thal die Franzosen) Regierung, und da es die Obrigkeit geböte,
müsse man auch gehorchen. Er halte es für gut, noch heute gleich
zu den nötigen, vorläufigen Beratungen zu schreiten. Zuerst müsse
Weite Welt. 7. und 8. Schuljahr. 8