Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Die weite Welt - S. 139

1882 - Leipzig : Klinkhardt
139 zu machen. Sie sind gewöhnlich 12—14 Mann stark, die beiden Nataäor68 (Hauptfechter) und ihre beiden Gehilfen mit eingerechnet. Ihnen folgen die Picadores (Pikenträger) zu Pferde in Scharlachjacken, mit Silber besetzt. Ihre sehr weiten ledernen Beinkleider sind mit weichem, braunem Papier ausgestopft, welches den Hörnern der Tiere großen Widerstand leistet. Sie nehmen ihren Platz längs der Schranke in einer Reihe, zur Linken des Thores, durch das die Stiere kommen, und in einer Entfernung von dreißig bis vierzig Schritten von einander. Die Fußkämpfer, ohne Waffen oder irgend ein Verteidigungsmittel, außer ihren Mänteln, halten sich bei den Pferden, um den Pikenträgern nötigenfalls Beistand leisten zu können. Wenn dies alles nun in Ordnung ist, reitet ein Stadtdiener in altspanischer Tracht zur Hauptgalerie hin und empfängt in feinem Hute den Schlüssel zu dem Stierbehälter, der ihm vom Balkon zugeworfen wird. Der Stadt- diener befördert den Schlüssel sogleich weiter an den Hausmeister. Die Waldhörner ertönen unter dem lauten Jubel der Menge; die Thore öffnen sich, und der erste Stier stürzt heraus auf den Kampfplatz. — Wir lassen einen Reisenden den weiteren Verlauf erzählen: Der Stier stand einen Augenblick still, übersah mit wildem Blick den Schauplatz, fixierte sodann den ersten Reiter und machte einen heftigen Aus- fall gegen ihn, ward aber mit der Spitze der Pike empfangen, die der Regel gemäß nach dem fleischigen Teile des Halses gerichtet wurde. Eine ge- schickte Bewegung mit der linken Hand und dem rechten Beine lenkte das Pferd auf die linke Seite, wodurch es dem Horn des Stieres auswich, der durch die erhaltene Wunde nur noch wilder gemacht, sogleich den nächsten Pikenreiter angriff und dem Pferde desselben, das nicht so gewandt war wie das erste, eine so tiefe Brustwunde beibrachte, daß es augenblicklich tot niederfiel. Die Heftigkeit des Stoßes hatte den Reiter auf der andern Seite des Pferdes hinabgeworfen. Ein ängstliches Schweigen folgte. Die Zuschauer, von ihren Sitzen aufstehend, sahen, zwischen Furcht und Hoffnung schwan- kend, wie der wilde Stier an dem gefallenen Pferde feine Wut ausließ, während der Mann, der sich nur dadurch retten konnte, daß er bewegungs- los liegen blieb, allem Anschein nach wirklich tot war. Diese peinliche Scene dauerte jedoch nur wenige Augenblicke, indem die Fußkämpfer, unter lautem Geschrei und ihre Mäntel hin- und herfchwenkend, von allen Seiten herankamen, und die Aufmerksamkeit des Stieres von dem Pferde ab und auf sich zogen. Als nun die Gefahr des Reiters vorüber war, er wieder auf die Beine kam und ein anderes Pferd bestieg, da war der Ausbruch der Freude und des Beifalls so groß, daß man ihn am andern Ende der Stadt mußte hören können. Unerschrocken und von der Rache gespornt, griff er seinerseits den Stier an. Ohne mich jedoch in eine umständliche Schilderung der blutigen Auftritte einzulassen, die nun folgten, will ich bloß erwähnen, daß das wütige Tier die Reiter zu zehn Malen angriff, die Pferde verwundete und zwei tötete. Eines dieser edlen Geschöpfe, obgleich es aus zwei Wunden blutete, stellte sich, ohne zu wanken, dem Stiere ent- gegen, bis es zu schwach ward und mit dem Reiter niedersank. Und doch
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer