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1. Die weite Welt - S. 293

1882 - Leipzig : Klinkhardt
293 mit sie nicht das Übergewicht bekommt. Wie die Zieh- und Flieh- kräfte in dem großen Weltenraume die Himmelskörper in ihrem Gleise erhalten, so kämpfen verwandte Kräfte unaufhörlich in leisen, unmerk- lichen Schwingungen auch in dem starren Steine, mag er es zur Krystallform gebracht haben oder nicht, um ihm seine Gestalt zu erhalten. Aber nicht nur hartes Gestein ist in der Erde verbor- gen, es liegt auch eine ganze Tier- und Pflanzenwelt in ihr vergraben, und der geöffnete Mund der Erde erzählt von einer unter- gegangenen Schöpfung, die kein Auge gesehen, auf daß wir uns beu- gen vor der Macht dessen, der Berge emporrichtete und Thäler ver- senkte, der die Feuerflammen zu seinen Dienern und die Winde zu seinen Boten machte. Da liegen in hartem Gestein eingebettet: schwimmende und fliegende Eidechsen von abenteuerlicher Gestalt, kletternde und grabende Faultiere von Schrecken erregender Größe, riesige Elefanten mit gewaltigen Stoßzähnen, Bären und Hyänen, Flußpferde und Seefische. Selbst auf hohen Bergen, wo jetzt der Hirt das Rind und die Ziege weidet und der Jäger das scheue Wild jagt, findet man unter dem duftenden Grase die Überreste von See- tieren, die einst über diesem Boden in den Fluten ihr Wesen trieben. Reiche Ernte hat da der Tod unter großen und kleinen Tieren ge- halten. Ist doch mancher Leichenstein der untergegangenen Tierleiber so mit dem Fette derselben getränkt, daß er brennt wie ein Docht, wenn man ihn ins Feuer hält; findet man doch bei genauer Unter- suchung, daß zwei Drittel eines Kreidestücks aus den kleinen Schalen untergegangener Geschöpfe bestehen. Das Meer ist der Totengräber gewesen, und staunend sieht der Mensch die Knochenleiber in diesen ersten Friedhöfen, wo unter dem heißen Kampfe aller Elemente die ältesten Leichen bestattet wurden. Auch Waldungen von üppigem Wüchse und undurchdringlichem Dickicht senkte das entfesselte Meer ein, als sollten jenen Friedhöfen auch die Trauerweiden und Toten- eschen nicht fehlen. Als Steinkohlen graben wir jetzt diese eingesenk- ten Wälder wieder aus. In den feinschlammigen Zwischenschichten derselben findet man noch die Blätter zart und zierlich abgedrückt und die versteinerten Stämme oft noch senkrecht emporstehen. So üppig aber auch der Wuchs jener Wälder gewesen sein mag, so einförmig und öde standen doch viele von ihnen da. Farnkraut, Schachtel- halm und Bärlapp sind nicht selten die einzigen Pflanzen gewesen, die dicht gedrängt emporgeschossen waren. Keine duftende Blüte schmückte das dunkle Grün, keine wohlschmeckenden Früchte zierten die Zweige, kein liederreicher Sänger nistete in ihrem Schatten. Nur gespensterhafte Tiere sind in ihnen mit ihren Schreckensgestalten auf- gefunden worden. So liegt eine ganze Urwelt vergraben im Schoße der Erde und zeigt uns mitten unter dem starren Gestein ein längst vergangenes Leben. Als aber die allmächtige Hand dem langen Kampfe aller Elemente Grenze und Ziel setzte und die Meßschnur
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