1867 -
Breslau
: Max
- Autor: Nösselt, Friedrich
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Privatunterricht, Töchterschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Mittelalter
- Geschlecht (WdK): Mädchen
Erster Kreuzzug. Die Kreuzfahrer in Klein-Asien. 115
kannten, gleich da, fielen aus Hinterhalten hervor, schnitten ihnen
die Zufuhr ab und ließen ihnen Tag und Nacht keine Ruhe.
Gegen solchen Feind hals nicht einmal die heldenmüthigste Tapfer-
keit viel; denn wurde er auch in die Flucht getrieben, so konnte
man ihn auf seinen leichten Pferden nicht einholen, und ehe man
es sich versah, war er schon wieder in der Nähe. Dazu gesellte
sich nun noch die große Noth an Lebensmitteln und zuweilen
selbst an Wasser. Denn die Seldschucken hatten absichtlich alle
Ernten verbrannt, alle Mühlen zerstört, kurz, das ganze Land
vor den Kreuzfahrern zu einer Einöde gemacht, um ihrem ver-
haßten Feinde auch noch die Qualen des Hungers über den Hals
zu schicken. Da war es denn kein Wunder, wenn im Heere der
Kreuzfahrer bald der drückendste Mangel eintrat. Obendrein
war es Sommer. Die Sonne schoß senkrecht ihre brennenden
Strahlen auf die blanken Rüstungen der Kreuzfahrer herab, die
darunter ersticken zu müssen glaubten. Am glühendsten war die
Hitze in den engen Thälern und Bergkesseln, in denen die Sonne
alles Gras versengt hatte. Manche verloren den Verstand von
der Einwirkung der glühend wehenden Luft, Andere sanken er-
mattet zu Boden. Die Reiter richteten sich in den Steigbügeln
in die Höhe, um nach einem erquickenden Lüftchen zu schnappen.
Man sah Mütter neben ihren lechzenden Säuglingen sterbend
auf dem glühenden Boden sich wälzen, und Hunde sagten keuchend
auf dem Felde vergebens nach einer Quelle umher. Fast alle
Pferde starben vor Mattigkeit und Durst; die Ritter mußten zu
Fuß weiter ziehen, wenn sie es verschmähten, auf Ochsen zu reiten,
und das Gepäck bürdete man Widdern oder Schweinen auf.
Schon hielten Alle sich für verloren, als sie noch glücklicherweise
einen Fluß fanden. Aber nun hätte man sehen sollen, mit wel-
cher Gier die armen verdursteten Leute auf das Wasser los-
stürzten! Nicht Wenige tranken so unvorsichtig und in solchem
Uebermaße, daß sie daran starben.
Ein ander Mal hätte das Kreuzheer beinahe den trefflichen
Gottfried von Bouillon eingebüßt. Er ritt eines Tages, leicht
bewaffnet, in einem kühlen Walde spazieren. Plötzlich traf sein
Ohr der Hülferuf eines Menschen. Er eilt dem Tone nach und
findet einen Kreuzsoldaten, der beim Holzhauen von einem grim-
migen Bär überfallen worden war. Ohne sich zu besinnen, geht
er dem Ungethüme mit dem Schwerte zu Leibe; sogleich läßt der
Bär den Soldaten los und fällt über Gottfried her. Dieser
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