1867 -
Breslau
: Max
- Autor: Nösselt, Friedrich
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Privatunterricht, Töchterschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Mittelalter
- Geschlecht (WdK): Mädchen
Siciliamsche Vesper. Die heilige Hedwig.
179
ihren Aeltern und Verwandten begleitet, auch nach der Kirche.
Ein Franzose, Namens Drouet, trat zu ihr heran und belei-
digte sie höhnisch, so daß sie ohnmächtig ihrem Vater in die
Arme sank. Sogleich erhob sich rings umher das Geschrei:
„Nieder mit den Franzosen!" Rasch sah man hundert Dolche
blinken. Drouet wurde zuerst niedergestochen, nach ihm alle
Franzosen, die gegenwärtig waren, gerade als eben die Glocke
zur Vesper läutete. Dann strömten Alle nach der Stadt zurück.
Auch hier hieß es: „Nieder mit den Franzosen!" und das Mor-
den fing von neuem an, bis auch nicht einer mehr am Leben war.
Schnell durchflog die Nachricht von dem Geschehenen die ganze
Insel. Auch in den andern Städten fielen die Franzosen unter
den Dolchen der ausgebrachten Einwohner, und um die Freniden
leicht von den Eingeborenen zu unterscheiden, ließ man jeden
das Wort Ciceri (Erbsen) aussprechen, was kein Franzose wie
die Italiener aussprechen kann. Nur ein einziger Franzose wurde
am Leben erhalten, weil er sich immer besonders gütig und ge-
recht gezeigt hatte. Dem Karl von Anjou sagte aber die ganze
Insel den Gehorsam auf. „O mein Gott!" rief er, als er die
Nachricht davon bekam, „es hat dir gefallen, mir Mißgeschick zu
senden; laß nur wenigstens meinen Stern langsam untergehen!"
— Der Wunsch wurde ihm gewährt; denn er blieb in Neapel
König bis an seinen Tod (1285). Sicilien bekam er aber nie
wieder; der König von Aragonien wurde von dieser Insel als
Herr anerkannt.
69. Die heilige Hedwig (ch 1243) und die heilige Elisabeth
(f 1231).
Die heilige Hedwig. — Sie war eine Tochter Bertholds,
Grafen von Meran und Tirol, und von der frühesten Jugend an
von der innigsten Religiosität erfüllt, die aber freilich das Ge-
präge ihrer Zeit trug, wo man glaubte, durch Abtödtung der
sinnlichen Neigungen, durch Versagung selbst unschuldiger Freu-
den und durch freiwillig übernommene Entbehrungen und Qualen
Gott am besten zu dienen. Theils dieser Geist ihrer Zeit, theils
ihre Erziehung in einem Kloster erweckten und nährten diese
Neigung zu Ausübung strenger Religionsübungen. Von Kind-
heit an war es ihr strenges Gesetz, Alles ihrer Pflicht auf-
zuopfern und jeden Wink ihrer Aeltern pünktlich zu
erfüllen. Das bewies sie selbst bei der Wahl ihres Gatten.