1862 -
Breslau
: Max
- Autor: Nösselt, Friedrich
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Privatunterricht, Töchterschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Neuzeit
- Geschlecht (WdK): Mädchen
Hinrichtung des Königs.
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ihr mich nicht." Die Henker bestanden darauf und machten schon
Miene, Gewalt zu gebrauchen. Da erinnerte ihn der Beichtvater
an das Beispiel Jesu, und bat, nicht länger zu widerstreben.
„Ja!" ries Ludwig, „sein Beispiel ist mehr als hinlänglich, um
mich der neuen Schmach zu unterwerfen." — „Thut, was ihr
wollt," sagte er, sich zu den Henkern wendend, „ich werde den
Kelch bis auf die Neige trinken." Jetzt trat er an den Rand des
Gerüstes. Er winkte und die Trommler hielten ein. „Franzosen!"
rief er so laut, daß es über den weiten Platz hinschallte, „ich
sterbe unschuldig an allen den Verbrechen, deren man mich an-
klagt. Ich verzeihe den Urhebern meines Todes, und bitte Gott,
daß das Blut, welches ihr vergießen wollt, nie über Frankreich
komme." Er wollte mehr sagen, aber Santerre stürzte mit dem
Degen in der Faust auf die Trommler zu und befahl ihnen, alle
Trommeln zu rühren. Die Henker ergriffen jetzt ihr Opfer und
legten ihn unter das Beil. Der Beichtvater kniete neben ihm.
„Sohn des heiligen Ludwig," rief er ihm ins Ohr, „steige hinauf
zum Himmel!" Das Beil fiel und machte im Augenblick seinen
Leiden ein Ende. Einer der Henker zeigte den Kopf dem Volke,
welches, ergriffen von der entsetzlichen That, die es eben gesehen
hatte, in tiefer Stille beharrte, bis Einige das Geschrei: „Es lebe
die Republik!" hören ließen und Viele endlich jubelnd einstimmten.
Manche aber drängten sich zum Blutgerüst, um einige Tropfen
seines Blutes aufzufassen und als theuere Reliquie zu verwahren.
„Wenn einst", sagt der berühmte Recker, „die blutigen Reste seiner
Leiche" (die man 'in einem Korbe auf dem Magdalenen-Kirchhofe
in Kalk versenkte) „bis auf die letzte Spur verschwunden sein
werden, wird man noch diese Reste seines Daseins wie Reliquien
von einem Märtyrer und Heiligen verehren, und mit Thränen
der staunenden Nachwelt sagen: Dies ist ein Tropfen von dem
edlen Blute, welches Ludwig, einer der redlichsten Könige von
Frankreich, das Opfer einer himmelschreienden Bosheit, aus dem
Blutgerüste vergoß. Er war ein herzensguter König. Sein Volk
liebte er wie ein Vater seine Kinder, und seine Gegenliebe zu
verdienen, war sein größter Ehrgeiz. Das Gute that er, wo und
sobald man es ihm zeigte. Er war der leidenden Menschheit
Hülse. Aus der Leibeigenschaft zog er den Landmann, er befreite
ihn vom Frohndienste. Er schaffte die Folter in seinem ganzen
Reiche ab; den Hospitälern und Gefängnissen gab er eine bessere
Einrichtung; die Protestanten setzte er wieder in ihre bürgerlichen
Weltgeschichte für Töchter. Iv. 13. Aufl. 3