1862 -
Breslau
: Max
- Autor: Nösselt, Friedrich
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Privatunterricht, Töchterschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Neuzeit
- Geschlecht (WdK): Mädchen
Brand von Moskau. Rückzug der Franzosen. 87
alten Czaren, zurück. Fast alle die herrlichen Paläste, die reichen
Kirchen mit ihren goldblitzenden Thürmen, die kostbaren Samm-
lungen sanken in Asche; nur ein kleiner Rest der Stadt blieb
stehen. Der fürchterliche Brand währte bis zum 17.; dann erst
erlosch er nach und nach, weil es an Stoff fehlte. Vierzehn Tage
lang wurde noch geplündert und in den Kellern ungeheuere Reich-
thümer gefunden. Im französischen Lager sah man die kostbar-
sten Shawls und seidenen Zeuge, die leckersten Confecte und ein-
gemachten Früchte, goldene und silberne Geschirre, den glänzendsten
Hausrath; aber an Brod und Fleisch fehlte es dagegen. Die
russischen Bauern, statt in Moskau für Geld ihre Waaren los-
zuschlagen, zerstörten diese lieber. Es war den Franzosen nicht
möglich, in Moskau einen Markt einzurichten. Sie murrten,
und das bewog Napoleon, mit den Russen Unterhandlungen an-
zuknüpfen.
Napoleon hatte gehofft, von Moskau aus den Russen Gesetze
vorschreiben zu können. Er bot ihnen auch jetzt Frieden an;
Alexander aber zog ihn damit hin, bis der Winter vor der Thür
war. Jetzt war ein schleuniger Rückzug nöthig, wenn nicht Mos-
kau das Grab der Franzosen werden sollte. Am 26. October
trat er ihn an, aber unter welchen unglückweissagenden Umstän-
den! Schon jetzt waren die Pferde Gerippen ähnlich, die Sol-
daten entmuthigt, und die wohlgenährten Russen drängten nach.
Napoleon wollte auf einer andern Straße ziehen; aber die Russen
warfen ihn aus die zurück, welche auf dem Herwege verwüstet
war, während sie selbst seitwärts zogen. Von allen Seiten wur-
den die Franzosen von beti Kosacken umschwärmt, die ihnen Tag
und Nacht keine Ruhe ließen. Zu dem Hunger, der, vom An-
fange des Rückzuges an, am ßeben der Menschen und Pferde
nagte, kam vom 7. November an noch eine fürchterliche Kälte.
Meist ohne Pelze, mit Lumpen nur bedeckt, fielen sie schaaren-
weis erstarrt zu Boden und wurden alsbald vorn Schnee wie
mit einem großen Leichentuche bedeckt. Tausende von Raben zo-
gen ihnen nach, um die Leichen zu zerfleischen, und ehe noch die
Ermatteten todt waren, wurden ihnen schon von den Stärkeren
die Kleider abgerissen. Das Gepäck mußte aus Mangel an Pfer-
den bald stehen bleiben, und gierig fielen die Hungrigen über
die gefallenen Pferde her. In Smolensk hoffte man Vorräthe
zu finden; aber theils war wenig da, theils ließen die nacheilen-
den Kosacken keine Zeit zum Ausruhen. Nun eilten von drei