1862 -
Breslau
: Max
- Autor: Nösselt, Friedrich
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Privatunterricht, Töchterschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Neuzeit
- Geschlecht (WdK): Mädchen
Einzug der Verbündeten in Paris.
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standen. Als er dies erfuhr, eilte er seiner Armee voran, aber
doch konnte er nur von fern den Schlachtendonner hören, der
schon am 30. März vor Paris erscholl. Die französische Artillerie
vertheidigte mit altbewährter Kraft und Tapferkeit die Höhen
von Montmartre und Belleville, aber sie vermochte den muthigen
Angriffen der Verbündeten nicht zu widerstehen, welche sich am
Abend des 30. März im Besitz aller Höhen iutb Zugänge zu
Paris befanden. Unterdeß verbreitete sich in der Stadt die größte
Bestürzung: der Bruder Napoleons, der König Joseph Bonaparte,
floh mit den Anhängern desselben zu entgegengesetzten Seite der
Stadt hinaus, und die ganze Bevölkerung schwebte in Furcht
wegen des Schicksals, welches ihr bevorstand; denn sie hatte kein
Recht, auf den Edelmuth der Herrscher zu rechnen, welche für alle
Unbill Rechenschaft fordern durften, die das französische Volk seit
zwei Jahrzehnden in so reichem Maße in Europa geübt hatte.
Am 31., um Mittag, zogen Kaiser Alexander und König
Friedrich Wilhelm (während Kaiser Franz noch in Lyon verweilte),
mit dem glänzenden Gefolge ihrer Prinzen, Marschälle, Generale
und unter dem Zulauf einer ungeheuern Menschenmaffe in die
gedemüthigte Hauptstadt ein; hinter ihnen her ein großer Theil
ihrer Armeen, die Reiterei und das Fußvolk nebeneinander, in
schönster kriegerischer Haltung und mit klingendem Spiel. Der
Pöbel, welcher noch vor wenig Tagen über die hoffnungsvollen
Bulletins des Kaisers gejauchzt hatte, jauchzte jetzt eben so den
fremden Monarchen als Befreiern von der Knechtschaft zu: aus
vielen Häusern wurden die Sieger mit Wehen der Tücher und
mit Blumenschmuck begrüßt. Bald sollte sich dieselbe Erbärmlich-
keit der Gesiunung in den hohen Staatskörperschaften selbst zei-
gen, welche bis dahin dem mächtigen Beherrscher auf alle Weise
gehuldigt und geschmeichelt hatten.
Der Kaiser selbst befand sich unterdeß in Fontainebleau,
7 Meilen von Paris, die Kaiserin mit ihrem Sohne und einigen
Ministern in Blois an der Loire, von wo aus sie die Regent-
schaft zu führen unternahm; aber sie mußte bald erfahren, daß
das Regiment in die Hände der verbündeten Herrscher überge-
gangen war, deren vorzüglichster Rathgeber unter den französi-
schen Politikern der weltkluge Fürst Talleyrand wurde, welcher
mit seiner kalten, glatten, wohlberechneten, aber gewissenlosen
Schlauheit sich jeder Zeit zuerst in eine neue Wendung der Dinge
zu finden wußte. Der Kaiser Alexander erließ schon am l. April