Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Lesebuch für die reifere weibliche Jugend - S. 139

1913 - Wittenberg : Herrosé
139 Geschmacks, ein kleines Sofapolsterchen, ihr Arbeitskorb, ihre Schreibmappe sind schnell oben aus dem Koffer genommen, die vorher im Zimmer befindlichen entsprechenden nichtssagenden Gegenstände ebenso rasch fortgeräumt, und ehe ein Stündchen vergangen ist, beherrscht schon der persönliche Geist der Bewohnerin den vorher fremden Raum und zaubert das hervor, was wir Gemütlichkeit nennen. Dies beweist am deutlichsten, daß nicht das Material, sondern der es beherrschende Geist den Unterschied macht. Es weiß ja wohl jeder aus Erfahrung, daß uns der undefinierbare Zauber des Behaglichen umspinnen kann, sowohl wenn wir in das reich ausgestattete Boudoir einer vornehmen Dame treten, wie in das einfache Stübchen einer Bürgersfrau, daß aber auch in beiden Fällen ein Gefühl des Mißbehagens uns zu beschleichen vermag, wenn eben der Hauch des Persönlichen diesen Räumen fehlt. Eine Frau, welche es nicht versieht, ihr Haus, ihr Zimmer gemütlich zu machen, ist sehr zu bedauern, mehr aber noch die- jenigen, die es mit ihr bewohnen, denn während sie den Mangel gar nicht empfindet, leiden die andern vielleicht empfindlich darunter, jedenfalls kann auch deren Gefühl für behagliche Wohnlichkeit nicht geweckt und ausgebildet werden. Und einer gewissen Er- ziehung bedarf es auch hier; erst die Gewöhnung und Behaglich- keit wird das Feingefühl dafür herausbilden und das Bedürfnis danach dem Menschen zum Bewußtsein bringen. Jede Mutier, jede Gattin wird gut tun, ihr Augenmerk darauf zu richten, alle Räume des Hauses „gemütlich" zu machen; Mann und Söhne werden dann gern darin weilen und lieber dahin zurückkehren, als sich in unwirtlichen fremden Räumen aufzuhalten. Eine Hauptbedingung dafür, daß jeder sich im Hause be- haglich fühle, ist, daß er einen Platz hat, wo er sich mit dem beschäftigen kann, was ihm lieb ist. Wenn das auch oft schwer zu beschaffen sein mag, so sollte doch die Hausfrau lieber jede Unbequemlichkeit auf sich nehmen, als es versäumen. Dem Mann das Rauchen verbieten, weil die Gardinen frisch gewaschen sind, den Söhnen untersagen, Holzarbeiten zu machen, weil dabei Späne auf die Erde fallen usw., sind die besten Mittel, ihnen das Heim ungemütlich zu machen, sie daraus zu vertreiben. In einem wohlverwalteten Hause wird das alles ermöglicht, wenn auch unter Beschränkung auf bestimmte Zeilen, und hat die Haus- frau dabei auch manchmal auf eignes Behagen Verzicht zu leisten, so wird ihr darüber das Bewußtsein hinweghelfen, ihr Heim für die Ihren gemütlich gemacht zu haben. In jedes Haus, wo Liebe wohnt, da scheint hinein auch Sonn' und Mond, und ist es noch so ärmlich klein, so kommt der Frühling doch hinein. Nach Verschiedenen.
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer