1913 -
Wittenberg
: Herrosé
- Autor: Kutsche, E., Koenig, W., Urbanek, Rudolf
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1895
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Haushaltsregeln
- Geschlecht (WdK): Mädchen
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abzulösen. Freilich gibt es auch tadellos arbeitende Wurst- und
Fleischschneidemaschinen, von denen die geschnittene Ware auf einen
Untersatz fällt. Und es gibt auch Gabeln oder noch geeignetere
Instrumente, die den Aufschnitt appetitlich auf das Papier be-
fördern helfen.
Auch in den Konditoreien und Konfitürengeschäften, selbst
in den feinsten, fassen die Verkäuferinnen alles mit den Händen
an. Lehnt sich der Kunde gegen diese sanitäre Unsitte auf, so
heißt es: „Das ist bei uns so üblich". Da gibt es nur einen
Ausweg: man empfehle sich verbindlichst. Reinliche Menschen
sollten ihren Bedarf an Lebensmiteln nur dort decken, wo es
peinlich sauber zugeht.
Die Schulkinder essen die Kirschen, die sie beim Straßen-
händler kauften, und auf denen eine merkliche Schicht Straßen-
staub abgelagert ist.
Aus Besorgnis, für feige oder furchtsam gehalten zu werden,
spiegeln viele Leute einen stoischen Gleichmut vor beim Heran-
nahen etlicher Autos, Radler und Straßenbahnen, obgleich sie
besser täten, sich so rasch wie irgend möglich in Sicherheit' zu
bringen.
Mancher huldigt der reizenden Angewohnheit, das Straßen-
pflaster für einen Spucknapf zu halten, oder er gefährdet das
Leben seiner Mitmenschen, indem er Obstschalen und -kerne aus
den Bürgersteig wirft, so daß die Passanten ausgleiten.
Viele Hausfrauen halten sich für sehr ordnungsliebend,
wenn sie Teppiche und Decken aus dem Fenster ausschütteln,
so daß der Schmutz den unter ihnen Wohnenden bestimmt in
die Zimmer hineinfliegt, während sie sehr ärgerlich sind, wenn
ihnen dasselbe zugefügt wird von dem über ihnen Hausenden,
der von der gleichen Nächstenliebe erfüllt ist, wie sie selbst.
Nicht selten kommt es vor, daß Hundebesitzer ihrem vier-
beinigen Liebling das Fell krauen und gleich darauf, ohne die
Hände gewaschen zu haben, das Brot anfassen, das die ganze
Familie genießen soll.
Feine Hausfrauen finden es selbstverständlich, Brötchen
und Brote in den Händen herumzuwälzen und*auf ihre Frische
und Knusprigkeit zu prüfen, um sie dann dem lieben Nächsten
zu überlassen. Es ist auch eine hygienische Unart, am Marktslande
die Finger in das Fleisch zu drücken oder mit dem Finger etwas
von der Butter abzustreichen, um die Ware einer Prüfung auf
ihre Güte zu unterziehen.
Wenn einen just der Husten oder das Niesen plagt, so soll
er im Nahrungsmittelgeschäft um so mehr die Hand oder das
Taschentuch vor Mund und Nase hallen, damit der Sprühregen
sich nicht auf die Lebensmittel ergießt und diese mit Krankheits-
erregern überschüttet. Namentlich in Influenzazeilen können
rücksichtslose Verstöße gegen diese wichtige hygienische Verkehrsregel
viel Unheil anrichten.
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