1913 -
Wittenberg
: Herrosé
- Autor: Kutsche, E., Koenig, W., Urbanek, Rudolf
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1895
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Haushaltsregeln
- Geschlecht (WdK): Mädchen
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227. Vaterlandslied.
1. Ich bin ein deutsches Mädchen!
Mein Aug' ist blau und sanft
mein Blich
ich hab' ein Herz,
das edel ist und stolz und gut.
2. Ich bin ein deutsches Mädchen!
Erköre mir kein ander Land
zum Vaterland,
wär' mir auch frei die große
Wahl!
3. Ich bin ein deutsches Mädchen!
Mein hohes Auge blickt auch
Spott,
blickt Spott auf den,
der Säumens macht bei dieser
Wahl.
4. Du bist kein deutscheriüngling,
bist dieses lauen Säumens wert,
des Vaterlands
nicht wert, wenn du's nicht liebst
wie ich.
5. Du bist kein deutscheriüngling,
mein ganzes Herz verachtet dich,
der 's Vaterland
verkennt, dich Fremdling und
dich Tor!
6. Ich bin ein deutsches Mädchen!
Mein gutes, edles, stolzes Herz
schlägt laut empor
beim süßen Namen: Vaterland.
7. So schlägt mir's einst beim
Namen
des Jünglings nur, der stolz
wie ich
aufs Vaterland,
gut, edel ist, ein Deutscher ist.
Fr. ®. Klopstock.
228. Aus dem deutschen Frauenleben.
I. Bis zur Völkerwanderung.
Eigentümlich ist den alten Germanen die hohe Achtung, die
die Frauen und Jungfrauen genossen. Man glaubte, den Frauen
wohne etwas Heiliges bei. und viele vermöchten mit prophetischem
Blick in die Zukunft zu schauen. Man legte deshalb auf ihre Rat-
schläge und Aussprüche einen hohen Wert. So wußte die
Seherin Veleda die deutschen Völkerstämme zum Kampfe
gegen Kaiser Vespasian anzufeuern, als der kluge Claudius Civilis
mit seinen Batavern (an den Rheinmündungen) sich erhob.
Veleda wohnte in einem Turme, und es war niemand gestattet,
unmittelbar vor sie zu treten und sie zu befragen. Sie erhielt
reiche Geschenke, selbst von den römischen Feldherren. Unter
Kaiser Domitian geriet sie in römische Gefangenschaft und wurde
zu Rom im Triumphe aufgeführt.
Auch später hat sich diese Verehrung für das weibliche Ge-
schlecht bei den Deutschen erhalten. Die Ehre und Unschuld der
Frauen und Jungfrauen war dem Deutschen stets heilig, und
Tacitus sagt, niemand lächle dort über das Laster. Die Ehe wurde
vom Manne selten vor dem dreißigsten, von der Jungfrau selten
vor dem zwanzigsten Lebensjahre geschlossen. Eine Mitgift
bekam die Frau nicht: vielmehr mußte der Bräutigam sie den