1910 -
Wittenberg
: Herrosé
- Hrsg.: Schreiber, B., Polack, Friedrich, Krämer, J. B., Rockstroh, J., Stier, K., ,
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Ländliche Fortbildungsschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): Jungen
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I. Der Bauernstand sonst und jetzt.
Centgrafen reiften Sendgrafen umher. Sie hatten die neuesten
Gesetze zu verkünden und zu erläutern, die Pflichten des Heerdienstes
einzuschärfen und Streitigkeiten zu schlichten. Sie hatten darauf zu
sehen, daß niemand Gewalt noch Unrecht geschah, den Räubern ihr
schädlich Handwerk gelegt und den Händlern kein ungerechter Zoll ab-
gezwungen wurde. Ihrer Aufsicht unterstanden die Pflege des Waldes,
der Ban von Brücken und Wegen, die Erhebung von Zöllen, die Ver-
waltung der Wirtschaftshöfe und die Wirksamkeit der Klöster. Überall
sollten sie je nach Befund loben, tadeln, anregen, mahnet: und strafen,
über alles aber dem Kaiser genauen Bericht erstatten. Die Verwalter
der meist großen Grenzgaue oder Marken hießen Markgrafen. Diese
Grafen, die allmählich selbständige Fürsten wurden, forderten für den
Schutz, den sie ihren Uittertanen gewährten, ebenfalls Zins. Außer-
dem wurde ei:: Königszins gefordert. Diese Steuer:: wurden ur-
sprünglich von den Begüterten verlangt, welche Fronleute besaßen;
aber die Herren wälzten die Steuer wieder weiter aus ihre Fronleute,
die Bauern, und machten sich selbst steuerfrei.
Je mehr die Macht der geistlichen und weltlichen Herren u::d ihr
Hofgesinde wuchs, desto mehr Bedeutung bekamen die Fürsten- und
Bischofssitze. Sie erhielten Marktrecht und eigenes Gericht. Viele
Hörige wurden zu freier: Handwerkern und Bürgern. Händler
kamen und gingen mit fremden und einheimischen Ware:: ur:d belebter:
die Märkte, die besor:ders an Kirchenfesten von vielem Volk besucht
wurden. Daher der Name Messen für große Märkte. So ent-
star:den dorfähnliche Städte. Kaufleute und Handwerker in dieser:
Orter: waren schor: mehr oder weniger darauf angewiesen, ihre Lebens-
rnittel zu kaufen. So erhielt der Bauer einen Absatzplatz für seine
Produkte. Karl der Große versuchte, freilich vergeblich, einer: fest-
stehenden Kornpreis einzuführen. Die gangbare Münze war der
Denar, der 25 Pf. galt. Ein Maß Roggen vor: 45 kg kostete 3,
1 Maß Weizen 4, 1 Maß Gerste 2, 1 Maß Hafer 1, 1 Schwein 6,
1 Kuh 24 Denare. Für 1 Denar kaufte man 30 Pfd. Roggen- oder
24 Pfd. Weizenbrot.
Nach Augschun, Lehr- und Lesestoffe. (Frankfurt a. M., Roseuhciin.)
12. Der Bauernkrieg.
Vor 400 Jahren loar das Los der Bauern sehr traurig. Ihr
Leib r:nd Gut war den Herren eigen. Mit der Scholle wurden sie
gekauft ur:d verkauft. Nur mit Erlaubnis der Grundherren durften
sie heiraten oder die Scholle verlassen. Nicht selten mißbrauchten die
Herren ihre Gewalt ur:d behandelten die Bauern schlechter als Jagd-
hunde und Pferde. Brauchten sie Arbeiter oder Zugvieh, so ließen sie
so viele Männer und Pferde kommen, wie sie zur Arbeit nötig hatten.
Das warer: die Fron- oder Herrendienste. Weigerten sich die Bauern,
so wurden die Pferde ohne weiteres abgespannt und die Männer mit
Peitschen an die Arbeit getrieben.
Schulen gab es für die Bauern selten, und nur wenige lernten