1910 -
Wittenberg
: Herrosé
- Hrsg.: Schreiber, B., Polack, Friedrich, Krämer, J. B., Rockstroh, J., Stier, K., ,
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Ländliche Fortbildungsschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Xiii. Vaterland und Volkstum.
würdige Wartburg herüber. Im Südwesten wird der Blick begrenzt
durch die Rhön; nordwärts zeigen sich in verschwimmenden bläulichen
Umrissen die Höhen des Harzes.
Manch freundliches Schloß wurde von thüringischen Fürsten im
Gebirge erbaut. Gleich Edelsteinen sind sie in das schwellende Grün
der Wälder eingebettet. Besonders schön und lieblich ist Schloß
Schwarzburg, das Stammschloß der Schwarzburger Fürsten.
Unterhalb Rudolstadt mündet in das Saalknie ein kleines Flüßchen,
dieschwarza. An ihr liegtaufschmalerfelszunge der schmucke Fürstensitz.
Die Schwarza schlängelt sich wie ein Silberband um ihn herum, und
die waldbestandenen Höhen umziehen ihn wie schützende Wälle.
Kein Wunder, daß dem Thüringer Wald alljährlich große Scharen
von Wanderern und Sommerfrischlern zuströmen. Nament-
lich die Großstädter Norddeutschlands wählen in großer Zahl die
Ortschaften des Thüringer Waldes zum Sommeraufenthalt. Das kleine
Städtchen Friedrichroda in der Nähe des Jnselberges nennt man
geradezu eine Vorstadt Berlins. Der Thüringer sieht diese Sommer-
gäste und Wanderer, die er scherzend „Luftschnapper" nennt, sehr gern,
da sie ein gut Stück Geld ins Land bringen. Die Thüringer sind
ein biederer, genügsamer, fröhlicher und gastlicher Menschenschlag. Mit
Kartoffeln im Keller, Singvögeln in der Stube, Bier im Kruge und
einem Liede in der Kehle sind sie zufrieden und glücklich.
4. Die Gewerbtätigkeit. Im 16. Jahrhundert blühte im
Thüringer Walde der Bergbau, namentlich auf Eisen. Je mehr
aber die Kohle in den Eisenhütten ihre Herrschaft antrat, desto
weniger konnte der Thüringer Watd mit seiner Holzheizung den Wett-
bewerb aushalten. Heute wird nur noch wenig, aber vorzüglich gutes
Eisen gewonnen, das u. a. zu Gewehren verarbeitet wird. Bekannt
ist z. B. die preußische „Gelvehrstadt" Suhl, am südwestlichen Fuße
des Beerberges gelegen. — Von andern mineralischen Schätzen ist der
Schiefer wichtig. Gerade die Schiefer des Thüringer Waldes, be-
sonders auch des Frankenwaldes, eignen sich vorzüglich zu Dach- und
imnientlich auch zu T a f e l s ch i e f e r n. Aus der Gegend zwischen
Sonneberg und Saalfeld im Herzogtum Meiningen, besonders
aus Lehesten und Gräfenthal, nordnordöstlich von Koburg im
Gebirge gelegen, kommen alljährlich an 2^/z Mill. eingerahmter
Schiefertafeln und 90 Mill. Griffel in den Handel.
Als der Bergbau immer mehr zurückging, mußte die recht dicht
lvohnende Bevölkerung zu andern Erwerbszweigen greifen, und zwar
führte der Holzreichtum zur Herstellung von S p i e l w a r e n. Den
Mittelpunkt dieser Industrie bildet das schon genannte Sonneberg.
Aus etwa 30 Dörfern der Umgegend bringen die fleißigen Bewohner
jeden Sonnabend die Erzeugnisse ihrer geschickten Hand karrenweise in
die Stadt. Hier bekommen die Sächelchen den Farbenanstrich und die
weltberühmte Marke „Sonneberger". Dann wandern sie in alle Welt;
selbst Amerikas Kleinen werden durch sie erfreut. Ein großer Teil
der Waren geht zunächst nach Nürnberg, um hier in „Nürnberger
Spielwaren" umgetauft zu werden. — Der Wert der jährlich in der