1903 -
Wittenberg
: Herrosé
- Hrsg.: Polack, Friedrich, Stier, K., Krämer, J. B., Schreiber, B., Rockstroh, J.
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Ländliche Fortbildungsschule
- Inhalt Raum/Thema: Berufsbildung
- Geschlecht (WdK): Jungen
158 Vi. Bildung und ihre Bedeutung, Besitz und seine Pflichten.
richts. Aus dem Schüler wurde ein Lehrer, und zwar der besten einer.
Eine Urkraft und eine unbestegliche Zähigkeit lebten in ihm. Lernen
und Lehren waren seine Lust und gingen bei ihm stets Hand in Hand.
Fleiß und Gebet hielt er für die Flügel des Lernens.
So wurde Josef Schmid, der Knabe vom Berge, die stärkste
Stütze von Pestalozzis Anstalt und der Liebling des Meisters. Er hielt
ihn wie einen eigenen Sohn und vertraute ihm zuletzt die Leitung seines
großen, verzweigten Hauswesens an.^
Aus Polacks „Vater Pestalozzi".
122 (132). Änstand.
Anstand nennen wir das schickliche Benehmen in allen Verhält-
nissen des Lebens, namentlich in gesellschaftlichen Beziehungen. Der
Anstand muß auf sittlicher Grundlage beruhen und nicht zu einem
mechanischen Nachäffen von Förmlichkeiten herabsinken.
Der wahrhaft Höfliche ist immer bescheiden und vermeidet, sich vor-
zudrängen und glänzen zu wollen; fern ist ihm daher ein anmaßender
Ton, eine herausfordernde Sprache, eine Unterhaltung, die sich nur um
seine Person dreht. In achtungsvoller Bescheidenheit, in zuvorkommender
Dienstfertigkeit, in herzlicher Teilnahme an Leid und Freud' seiner Mit-
menschen bekundet er wahren Anstand, der ebenso fern ist von über-
triebenen Höflichkeitsbezeigungen wie rücksichtslosem und plumpem Be-
nehmen gegen andere.
Dies sollen auch dir, lieber Leser, die Richtpunkte sein in deinem
Verhalten gegenüber deinem Nebenmenschen. Im besonderen aber
merke dir:
1. Vom Grüßen. — Dein Gruß sei stets ehrerbietig und be-
scheiden nicht bloß deinen Vorgesetzten, sondern allen Personen gegen-
über, denen du einen Gruß schuldest! Zieh deinen Hut oder deine Mütze
anständig und höflich ab, lüpfe sie nicht bloß, als ob du Spatzen da-
runter hättest; grüße nicht erst im letzten Augenblicke! Sieh dem zu
Grüßenden bescheiden ins Gesicht; nimm deine Kopfbedeckung immer mit
der Hand ab, die demjenigen entgegengesetzt ist, den du grüßen willst.
Begegnet dir z. B. jemand, so geh rechts vorbei und nimm mit der
rechten Hand den Hut ab; bist du gezwungen, an einer vor dir gehenden
oder stehenden Person vorüberzuschreiten, so tu es an der linken Seite
derselben! Hast du keine Kopfbedeckung auf, oder trägst du etwas in
beiden Händen, so mache eine höfliche Verbeugung!
2. Auf der Straße. — Auf der Straße geh' aufrecht, sieh
auf deinen Weg und schlenkere die Arme nicht hin und her. Die Hände
in die Hosentaschen zu stecken oder die Daumen in die Armlöcher der
Weste zu hängen, ist nicht schicklich. Gehst du mit einer höher gestellten
Person, so gebührt dieser die rechte Seite; bei schlechtem Zustande des
Weges überlasse ihr den besseren Teil desselben! Mit Bekannten in
der Mitte der Straße oder des Gehwegs stehen zu bleiben, wodurch
andere Leute gezwungen werden auszuweichen, ist nicht bloß unschicklich,
sondern in einzelnen Städten sogar verboten. Stöcke, Regenschirme usw.