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1. Lesebuch für ländliche Fortbildungsschulen - S. 183

1903 - Wittenberg : Herrosé
Vil Der Hof und seine Ordnung, die Haustiere und ihre Pflege. 183 gnügen, wie das Stift sich damit begnügt hat. Wächst Geld auf meinem Acker? Nein, Korn wächst darauf. Woher wollen sie also das Geld nehmen?" „Ihr sollt ja nicht übervorteilt werden!" rief der Rendant. „Es muß alles beim alten bleiben/' sagte der Hofschulze feierlich. „Das war noch eine gute Zeit, als die Tafeln mit den Verzeichniffen der Lasten und Abgaben der Bauerschaft in der Kirche hingen. Dazu- malen stand alles fest, und kein Gezänk hat sich nimmer darüber be- geben wie neuerdings nur gar zu oft. Hernach hieß es, die Tafeln mit den Hühnern und Eiern und Maltern und Simmern^) schadeten der Andacht, und sie wurden hinweggetan. Im Gegenteil, sie hatten immer zu Predigt und Gesang gehört wie Amen und Segen; ich für mein Teil, wenn ich sie ansah, besonders beim dritten Teil oder der Nutzanwendung, hatte die erbaulichsten Gedanken bekommen, zum Bei- spiel: Überhebe dich nicht, denn da steht geschrieben, wieviel Zins- roggen und Schoßhafer du geben mußt, oder auch so: Wenn du draußen Lasten zu tragen hast, hier im Gotteshause bist du frei, und was dergleichen mehr war. Nun aber, als man auf die leeren Stellen sah, gingen die Gedanken immer wandern und suchen nach den Tafeln, und es dauerte geraume Zeit, ehe und bevor die Menschheit wieder recht nach dem Pastor hinhörte." Er ging in sein Haus. — „Das ist ein alter Racker!" rief der Pferdehändler, als er seinen Handelsfreund nicht mehr sah, indem er den lackierten Hut verdrießlich wieder auf den Kopf stülpte. „Wenn der nicht will, so bringt ihn der Teufel nicht herum. Das schlimmste ist, daß der Kerl die besten Pferde in der Gegend zieht und sie im Grunde sozusagen billig genug losschlägt." „Ein starres, widerhaariges Volk hierzulande", sagte der Rendant. „Ich bin erst vor kurzem aus Sachsen herversetzt und merke den Abstand. Dort wohnen die Leute beisammen, und deshalb müssen sie schon höflich und nachgiebig und betulich miteinander sein. Aber hier sitzt ein jeder auf seinem Kampes) hat sein Holz, sein Feld, seinen Wiesewachs um sich, als gäbe es sonst nichts in der Welt. Darum halten sie auch auf ihre alten Schnurren und Faxen so steif, die anderwärts überall abgekommen sind. Was für Mühe habe ich schon mit den andern Bauern wegen der dummen Umschreibereien ge- habt, aber dieser hier ist doch der schlimmste." „Das kommt daher, Herr Rendant, weil er so reich ist," be- merkte der Pferdehändler. „Mich wundert, daß Sie es mit den andern in der Bauerschaft ohne ihn durchgesetzt haben; denn der hier ist ihr General und Advokat und alles; sie richten sich in jeglicher Sache nach ihm. Er bückt sich vor keinem. Vorm Jahre kam ein Prinz hier durch; wie er den Hut vor dem abnahm, war es wahrhaftig, als wollte er sagen: Du bist der, und ich bin der. Der Mistfink! Für die Stute sechsundzwanzig Pistolen haben zu wollen! Aber das ist das 3 Früher übliche Getreidemaße. 2) Mit Graben oder Zaun umgebenes Grundstück
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