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1. Lesebuch für ländliche Fortbildungsschulen - S. 395

1903 - Wittenberg : Herrosé
Xiii. Vaterland und Volkstum. 395 Kein Wunder, daß dem Thüringer Wald alljährlich große Scharen von Wanderern und Sommerfrischlern zuströmen. Nament- lich die Großstädter Norddeutschlands wählen in großer Zahl die Ortschaften des Thüringer Waldes zum Sommeraufenthalt. Das kleine Städtchen Friedrichroda in der Nähe des Jnselberges nennt man geradezu eine Vorstadt Berlins. Der Thüringer steht diese Sommer- gäste und Wanderer, die er scherzend „Luftschnapper" nennt, sehr gern, da sie ein gut Stück Geld ins Land bringen. Die Thüringer sind ein biederer, genügsamer, fröhlicher und gastlicher Menschenschlag. Mit Kartoffeln im Keller, Singvögeln in der Stube, Bier im Kruge und einem Liede in der Kehle sind sie zufrieden und glücklich. 4. Die Gew erbtätigkeit. Im 16. Jahrhundert blühte im Thüringer Walde der Bergbau, namentlich auf Eisen. Je mehr aber die Kohle in den Eisenhütten ihre Herrschaft antrat, desto weniger konnte der Thüringer Wald mit seiner Holzheizung den Wett- bewerb aushalten. Heute wird nur noch wenig, aber vorzüglich gutes Eisen gewonnen, das u. a. zu Gewehren verarbeitet wird. Bekannt ist z. B. die preußische „Gewehrstadt" Suhl, am südwestlichen Fuße des Beerberges gelegen. — Von andern mineralischen Schätzen ist der Schiefer wichtig. Gerade die Schiefer des Thüringer Waldes, be- sonders auch des Frankenwaldes, eignen sich vorzüglich zu Dach- und namentlich auch zu Tafelschiefern. Aus der Gegend zwischen Sonneberg und Saalfeld im Herzogtum Meiningen, besonders aus Lehesten und Gr äsen that, nordnordöstlich von Koburgim Gebirge gelegen, kommen alljährlich an 2x/2 Mill. eingerahmter Schiefer- tafeln und 90 Mill. Griffel in den Handel. Als der Bergbau immer mehr zurückging, mußte die recht dicht wohnende Bevölkerung zu andern Erwerbszweigen greifen, und zwar führte der Holzreichtum zur Herstellung von Spiel waren. Den Mittelpunkt dieser Industrie bildet das schon genannte Sonneberg. Aus etwa 30 Dörfern der Umgegend bringen die fleißigen Bewohner jeden Sonnabend die Erzeugnisse ihrer geschickten Hand karrenweise in die Stadt. Hier bekommen die Sächelchen den Farbenanstrich und die weltberühmte Marke „Sonneberger". Dann wandern sie in alle Welt; selbst Amerikas Kleine werden durch sie erfreut. Ein großer Teil der Waren geht zunächst nach Nürnberg, um hier in „Nürnberger Spielwaren" umgetauft zu werden. — Der Wert der jährlich in der Sonneberger Gegend hergestellten Spielsachen beträgt gegen 5 Mill. Mark. Das Gewerbe lohnt jedoch nur kärglich. Obgleich Frau und Kinder den Vater angestrengt unterstützen, — bei den kleinen Holz- männchen z. B. fertigt das eine Glied nur den Rumpf, ein anderes schnitzt die Arme usw., ein anderes leimt die Teile zusammen usw., — wird doch nur ein Verdienst von 4—6 Jt wöchentlich erzielt. „Das unschuldige Kind" setzt Alex. Ziegler in gefühlvoller Teilnahme hinzu, „welches am lustigstrahlenden Weihnachtsabende mit Frohsinn nach jenen Sächelchen greift, hat keine Ahnung von dem trüben Dämmerlichte, was dort am Walde in der armseligen Hütte fernes Verfertigers zittert; aber daß es die Eltern wüßten und rechtzeitig
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