1903 -
Wittenberg
: Herrosé
- Hrsg.: Polack, Friedrich, Stier, K., Krämer, J. B., Schreiber, B., Rockstroh, J.
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Ländliche Fortbildungsschule
- Inhalt Raum/Thema: Berufsbildung
- Geschlecht (WdK): Jungen
444 Xiv. Weite Welt und Wanderung ins Weite.
wächst, dauernd aufzunehmen und zu einer deutschen Heimat in der
Fremde zu werden. Entweder ist das Klima au heiß und ungesund
oder der Wassermangel dem Landbau hinderlich. Der Anbau muß
also durch Eingeborne unter Leitung deutscher Aufseher erfolgen. In
den Schätzen des Bodens, in der Arbeitskraft der Eingebornen und
in den neuen Arbeitsaufgaben liegt die Bedeutung unserer Kolonien.
Eine besondere Aufgabe der Kolonialverwaltung ist die Erziehung der
Einwohner zu christlichen Tugenden durch die Mission. Ihre stille,
selbstlose und tätige Arbeit auf vielen Stationen mildert, wenn auch
langsam, die Sitten der heidnischen Wilden, erzieht sie zu Treu und
Glauben im Verkehr, gewöhnt sie an nützliche Arbeit, lehrt Gärten
und Äcker bauen, in Häusern seßhaft werden, in der Familie das
Glück suchen und über das Erdentreiben den Blick nach dem Himmel
richten. Mehr und mehr verschwinden der Sklavenhandel, die blutigen
Kriege, die räuberischen Züge, die grausamen Sitten und die aber-
gläubischen Gebräuche.
Immer mehr Niederlassungen, Verkehrswege und Absatzgebiete
eröffnen sich dem Handel und lassen uns eine fröhliche Entwicklung
der Kolonien und daraus einen reichen Segen für das Mutterland
erhoffen.
a) Deutsch-Südwestafrika. Das Gebiet übertrifft an Flächen-
raum das Deutsche Reich. Der südliche Teil wird von den Nama,
der mittlere von den Herero und der nördliche von den Ovambo
bewohnt. Die Küste ist über 1500 km lang, aber sandig und un-
wirtlich. Belebt wird die traurige Steilküste nur von Seevögeln, die
hier von dem Fischreichtum des Meeres angelockt werden.
Das Hinterland besteht aus Hochebenen, die mit grasreichen
Weiden bedeckt und von einer Menge von Bergrücken durchzogen sind,
und dem Kalaharibecken, das teils Steppe, teils Wüste ist. Die
Berge sind nicht arm an nutzbaren Materialien. Man hat Kupfer
und goldhaltigen Quarz in lohnender Menge entdeckt; auch hofft man
noch Schätze an Kohlen und Eisen zu finden. Die Bewäfferung des
Landes ist eine dürftige. Das Klima ist für den Europäer sehr ge-
sund. Der Wassermangel und das Fehlen der Verkehrswege machen
aber vorläustq einen Anbau des Landes unmöglich. Blutdürstige
Raubtiere, giftige Schlangen, Skorpione und lästige Insekten sind für
den Menschen eine Gefahr und Plage.
Zwischen den Herero und Nama herrscht große Feindschaft; sie
führen einen ununterbrochenen, blutigen Vernichtungskrieg gegeneinander.
Für die Kultur haben beide Völker gute Anlagen. Neben ihrer
Muttersprache sprechen sie noch holländisch wie die südafrikanischen
Bauern, die einen Freistaat bildeten. Die Mission ist unter ihnen mit
Erfolg tätig. Beide Völker haben einen nicht geringen Reichtum an
Viehherden. Die Ovambo treiben hauptsächlich Ackerbau, weshalb ihr
Gebiet das wichtigste für die Ansiedelung ist. Eine deuttche Gesellschaft
hat in Sandwichshasen eine größere Schlächterei und eine Guanofabrik
angelegt, und eine andere deutsche Gesellschaft faßt die Ausbeute der
Mineralschätze fest ins Auge. Etwa 700 Europäer leben in dem