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1. Der Handwerker - S. 49

1908 - Wittenberg : Herrosé
49 haben. Jeder bestand auf seinem Rechte. Keiner wich. sondern alle gruben nach den ersehnten Früchten. Diejenigen, welche keinen Platz mehr fanden, verdrängten andere, welche glücklicher gewesen waren. Ls kam zu ernster Prügelei, die schwere Ver- wundungen, vielleicht sogar den Tod einzelner zur Folge hatte. Ich habe mir ein Haus gebaut und wohne mit den Meinigen still und zufrieden in demselben. Da kommt ein anderer herbei- gezogen. Derselbe hat natürlich noch kein Haus. Er sagt aber: Ich habe ein Recht zu wohnen, für mich und meine Familie; dies Haus gefällt mir. Ich will in demselben wohnen. Er war stärker als ich, und da ich das Haus nicht freiwillig verlieh, hat er mich mit Gewalt aus demselben vertrieben. In meiner Fabrik sammeln sich viele Wässer an, die mir lästig sind. Ich ziehe einen Graben, der bergab geht, und leite diese überflüssigen Wässer hinein. Sie laufen nun recht rasch und hübsch ab, so daß ich sie mit einem Schlage los bin. Freilich laufen sie in das Grundstück meines Nachbars, überschwemmen dasselbe und verwüsten die Anlagen seines Gartens. Der Nach- bar will sich natürlich das nicht gefallen lassen; es kommt erst zu Streit, dann zu böser Feindschaft, schließlich sogar zu ernsten Tätig- keiten. Denn auch er sagt: ich bin ein freier Mann und kann machen, was ich will. Deshalb baute er einen tüchtigen Damm, so daß die Wässer nicht mehr ablaufen konnten und nun mein Grundstück überschwemmten. Als ich den Damm wegreißen lassen wollte, wehrte er dies meinen Leuten, und da sich dieselben nicht um seine Rede kümmerten, vertrieben seine Arbeiter die meinigen mit Stöcken und anderen Waffen. Es scheint also nicht zu gehen, daß jeder tun darf, was er will. Es hat eben nicht nur ich, son- dern jeder einzelne Mensch volle Freiheit und das Recht, zu tun. was er will. Nur in den ältesten Zeiten verfocht man sein Recht mit der Faust. Als die Menschen gebildeter wurden, sagten sie sich, das Recht, welches mein Nebenmensch hat. ist ebensogut, als mein eigenes Recht, und wenn ich verlange, daß die Leute mein Besitztum mir lassen und mein Recht ehren, so muß ich auch das Eigentum der anderen diesen gönnen und deren Recht anerken- nen. Seitdem die Menschen nach diesem Grundsatz handeln, ist Ruhe und Frieden auf Erden. Millionen wohnen dicht bei einander, aber es fällt keinem ein, das Recht seines Nebenmen- schen zu beeinträchtigen. Freilich ist richtig, daß es auch heute noch gewalttätige Menschen gibt, die in ihrem Eigensinn mit roher Tat ihre Rechte m Anspruch nehmen, selbst wenn sie zehnmal das Eigentum ihrer Mitmenschen verletzen. Auch solche selbstsüchtige Menschen gibt es, die mit Hinterlist und Schlauheit das Recht der andern kränken. Das sind Leute, die unter allen Umstünden ihren Vorteil wahren und sich auf Kosten der Mitbürger bereichern wollen. Solche Leute verzichten nicht freiwillig auf die Durchführung ihres Willens. Der gerecht urteilende Mensch bezeichnet ja solche Handlungen Bodesohn-Wiister, Lesebuch. 2. Ausl. 4
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