1905 -
Wittenberg
: Herrosé
- Hrsg.: Scharf, Th., ,
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1900
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Gewerbliche Unterrichtsanstalt
- Inhalt Raum/Thema: Berufsbildung
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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können, der tüchtigen Übung am Amboß. Und mehr noch. Von den
Lehrjahren in der Schmiede her blieb mir die Gewohnheit, nicht bloß
dem Eisen, sondern allen Dingen auf den Grund zu sehen und in
allen Geschäften den rechten Zeitpunkt zu benutzen, wie ich ja auch
das Eisen schmiedete, solange es glühte und weich war. Es blieb
an mir etwas Handwerksmäßiges hängen, das mir im Wetteifer mit
zerfahrenen, tändelnden Mitkämpfern immer einen Vorsprung ver-
schaffte."
„Darf ich mir eine Frist erbitten," unterbrach jetzt der junge
Mann die Rede des Herzogs, „um später meine Werbung zu wieder-
holen?" Der Herzog willigte ein. Unverzüglich nahm der Graf einen
geschickten Korbmacher als Lehrmeister zu sich. In seinem Schlöffe
wurde eine Werkstätte eingerichtet, und in wenigen Monaten war der
Graf mit allen Kunstgriffen der Korbflechterei so vertraut, daß er die
festesten und zierlichsten Körbe und Körbchen verfertigen konnte. Er
sandte eine Auswahl seiner schönsten Arbeiten in den Palast seiner
Braut und überbrachte am andern Tage dem Herzog ein von der
Pariser Korbmacherzunft ausgestelltes Zeugnis. Erfreut führte der
Herzog den Brautwerber zu seiner Tochter und ihrer Mutter.
„Wie gefallen euch die Körbe?" fragte er die Frauen.
„Sie sind sehr schön; wir wollen sie alle behalten," sagte die
Mutter freundlich. „Nicht wahr, meine liebe Tochter?" Die Prinzessin
nickte. „Da haben Sie ihre Antwort, Graf," sagte der Herzog und
schloß den Schwiegersohn in seine Arme. Eine Woche darauf wurde
die Hochzeit gefeiert.
Wenige Jahre später brach die französische Revolution aus. Der
Herzog fiel als eines ihrer ersten Opfer; seine Güter wurden ein-
gezogen; seine Gemahlin starb aus Gram und Schrecken über die
furchtbaren Ereignisse; der Graf und seine Gattin teilten das Los so
vieler Auswanderer und retteten von allen ihren Reichtümern nichts
als das nackte Leben. Um für sich, seine Gattin und zwei Kinder in
der Fremde den Lebensunterhalt zu schaffen, arbeitete der Graf zuerst
bei einem Korbmacher in einer großen Stadt und gründete dann ein
eigenes Geschäft, das durch die außerordentliche Kunstfertigkeit des
Meisters viele Käufer anzog.
Das ererbte Herzogtum seiner Frau, die Grafschaft des Gatten
konnte einer bescheidenen Familie nicht mehr das tägliche Brot liefern;
der goldene Boden des Handwerkes aber war fest genug geblieben, um
darauf einen sichern Hausstand zu gründen.
Deutsches Handwerker- und Gewerbeblatl nach Richters Lesebuch.
6. Das Handwerk.
1. Ein Handwerk soll der Bub' 2. Nur ja kein Handwerk, —
nicht treiben; Gott bewahre!
denn dazu ist er viel zu gut; Das gilt ja heute nicht für fein:
er kann so wunderniedlich schreiben, . Und wenn ich mir's am Munde spare,
ist ja ein seines junges Blut. er muß schon etwas Bess'res sein!